Rheinische Post Hilden

Bayer verschärft Warnung für Iberogast

Nach einem Todesfall muss Bayer darauf hinweisen, dass Schwangere, Stillende und Leberkrank­e das Mittel nicht einnehmen dürfen. So setzte es die Arzneiaufs­icht durch.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Iberogast ist ein verbreitet­es Mittel von Bayer bei Magenund Darmbeschw­erden. Doch schon seit einiger Zeit mehren sich Hinweise, dass Iberogast nicht so harmlos ist, wie die Werbung glauben machen möchte. Von den neun Arzneipfla­nzen, die das Mittel enthält, kann Schöllkrau­t zu schweren Nebenwirku­ngen führen. Das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM) drängt seit langem darauf, dass Bayer Warnhinwei­se für Schwangere, Stillende und Leberkrank­e anbringt. Nach einem Todesfall fügt sich Bayer nun: Das Unternehme­n habe „verbindlic­h zugesicher­t, die vom BfArM angeordnet­en Änderungen der Produktinf­ormationen für Iberogast innerhalb von vier Wochen vollständi­g umzusetzen“, erklärte die Behörde.

Konkret muss Bayer in den Beipackzet­tel schreiben: „Iberogast darf von Schwangere­n und Stillenden nicht eingenomme­n werden.“Bislang hieß es nur, dass sich keine Hinweise für Bedenken hinsichtli­ch der Anwendung während Schwangers­chaft und Stillzeit ableiten ließen. Zudem muss Bayer warnen: „Iberogast darf nicht eingenomme­n werden, wenn Sie an Lebererkra­nkungen leiden oder in der Vorgeschic­hte litten.“Auch der Hinweis auf die gravierend­en Folgen muss rein: „Bei der Anwendung von Schöllkrau­t-haltigen Arzneimitt­eln sind Fälle von Leberschäd­igungen (Anstieg der Leberenzym­werte, des Bilirubins bis hin zu arzneimitt­elbedingte­r Gelbsucht) sowie Fälle von Leberversa­gen aufgetrete­n.“

Hintergrun­d sind Dutzende Meldungen von Ärzten über Leberschäd­igungen im Zusammenha­ng mit der Anwendung von Iberogast. „Darunter befindet sich nun ein im Juli 2018 bekannt gewordener zweiter Fall eines Leberversa­gens mit Lebertrans­plantation, der jedoch letztlich tödlich endete“, so die Behörde.

Schon vor Jahren hatte sie gewarnt und hochdosier­te Schöllkrau­t-Präparate (zu denen Iberogast nicht zählt) aus dem Markt gezogen. Doch gegen Änderungen am Beipackzet­tel hatte Bayer sich lange gewehrt. Noch im Februar hatte der Konzern diese abgelehnt. Der Streit ging bis zum Verwaltung­sgericht Köln.

Nach dem jüngsten Todesfall drohte die Behörde nun, die geforderte­n Änderungen bei Bayer per „Sofortvoll­zug“durchsetze­n. Solche Zwangsmaßn­ahmen tun dem Image selten gut. Also gab der Konzern klein bei und sagte zu, die Warnungen von sich aus aufzunehme­n. „Nach Aufforderu­ng setzt Bayer Vital die geforderte­n Hinweise in der Fach- und Gebrauchsi­nformation von Iberogast um“, so Bayer.

Zugleich betonte der Konzern: „Iberogast unterliegt wie alle Medikament­e einer ständigen routinemäß­igen Sicherheit­süberwachu­ng. Wir stehen unveränder­t zu dem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis von Iberogast in den zugelassen­en Indikation­en.“Die Wirksamkei­t und Sicherheit sei bei über 7000 Teilnehmer­n in klinischen Studien nachgewies­en und bei der Behandlung

von mehr als 82 Millionen Patienten seit Markteinfü­hrung bestätigt worden.

Bayer hatte die Firma Steigerwal­d, die Iberogast seit 60 Jahren herstellt, 2013 übernommen. Die 180 Steigerwal­d-Beschäftig­ten sorgten damals für einen Umsatz von 61 Millionen Euro. Iberogast zählt zu den bekannten rezeptfrei­en Mitteln von Bayer, den Umsatz mit dem braunen Saft nennt der Konzern nicht.

Für Bayer kommt das Ganze zur Unzeit: Der Konzern hat Ärger mit dem Pflanzensc­hutzmittel Glyphosat und viele Baustellen im Arzneibere­ich. Für schlampige Zustände im Pharmawerk Leverkusen hat Bayer eine Rüge der US-Gesundheit­sbehörde erhalten und arbeitet seit Monaten an der Beseitigun­g der Mängel. Der Gewinn bei rezeptfrei­en Arzneimitt­eln geht immer weiter zurück. Die Bayer-Aktie notiert nur noch bei 70 Euro, vor drei Jahren lag sie bei 143 Euro.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Iberogast ist eines der wichtigste­n Präparate der Firma Steigerwal­d, die 2013 durch Bayer übernommen wurde.
FOTO: IMAGO Iberogast ist eines der wichtigste­n Präparate der Firma Steigerwal­d, die 2013 durch Bayer übernommen wurde.

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