Bayer verschärft Warnung für Iberogast
Nach einem Todesfall muss Bayer darauf hinweisen, dass Schwangere, Stillende und Leberkranke das Mittel nicht einnehmen dürfen. So setzte es die Arzneiaufsicht durch.
LEVERKUSEN Iberogast ist ein verbreitetes Mittel von Bayer bei Magenund Darmbeschwerden. Doch schon seit einiger Zeit mehren sich Hinweise, dass Iberogast nicht so harmlos ist, wie die Werbung glauben machen möchte. Von den neun Arzneipflanzen, die das Mittel enthält, kann Schöllkraut zu schweren Nebenwirkungen führen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) drängt seit langem darauf, dass Bayer Warnhinweise für Schwangere, Stillende und Leberkranke anbringt. Nach einem Todesfall fügt sich Bayer nun: Das Unternehmen habe „verbindlich zugesichert, die vom BfArM angeordneten Änderungen der Produktinformationen für Iberogast innerhalb von vier Wochen vollständig umzusetzen“, erklärte die Behörde.
Konkret muss Bayer in den Beipackzettel schreiben: „Iberogast darf von Schwangeren und Stillenden nicht eingenommen werden.“Bislang hieß es nur, dass sich keine Hinweise für Bedenken hinsichtlich der Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit ableiten ließen. Zudem muss Bayer warnen: „Iberogast darf nicht eingenommen werden, wenn Sie an Lebererkrankungen leiden oder in der Vorgeschichte litten.“Auch der Hinweis auf die gravierenden Folgen muss rein: „Bei der Anwendung von Schöllkraut-haltigen Arzneimitteln sind Fälle von Leberschädigungen (Anstieg der Leberenzymwerte, des Bilirubins bis hin zu arzneimittelbedingter Gelbsucht) sowie Fälle von Leberversagen aufgetreten.“
Hintergrund sind Dutzende Meldungen von Ärzten über Leberschädigungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Iberogast. „Darunter befindet sich nun ein im Juli 2018 bekannt gewordener zweiter Fall eines Leberversagens mit Lebertransplantation, der jedoch letztlich tödlich endete“, so die Behörde.
Schon vor Jahren hatte sie gewarnt und hochdosierte Schöllkraut-Präparate (zu denen Iberogast nicht zählt) aus dem Markt gezogen. Doch gegen Änderungen am Beipackzettel hatte Bayer sich lange gewehrt. Noch im Februar hatte der Konzern diese abgelehnt. Der Streit ging bis zum Verwaltungsgericht Köln.
Nach dem jüngsten Todesfall drohte die Behörde nun, die geforderten Änderungen bei Bayer per „Sofortvollzug“durchsetzen. Solche Zwangsmaßnahmen tun dem Image selten gut. Also gab der Konzern klein bei und sagte zu, die Warnungen von sich aus aufzunehmen. „Nach Aufforderung setzt Bayer Vital die geforderten Hinweise in der Fach- und Gebrauchsinformation von Iberogast um“, so Bayer.
Zugleich betonte der Konzern: „Iberogast unterliegt wie alle Medikamente einer ständigen routinemäßigen Sicherheitsüberwachung. Wir stehen unverändert zu dem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis von Iberogast in den zugelassenen Indikationen.“Die Wirksamkeit und Sicherheit sei bei über 7000 Teilnehmern in klinischen Studien nachgewiesen und bei der Behandlung
von mehr als 82 Millionen Patienten seit Markteinführung bestätigt worden.
Bayer hatte die Firma Steigerwald, die Iberogast seit 60 Jahren herstellt, 2013 übernommen. Die 180 Steigerwald-Beschäftigten sorgten damals für einen Umsatz von 61 Millionen Euro. Iberogast zählt zu den bekannten rezeptfreien Mitteln von Bayer, den Umsatz mit dem braunen Saft nennt der Konzern nicht.
Für Bayer kommt das Ganze zur Unzeit: Der Konzern hat Ärger mit dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat und viele Baustellen im Arzneibereich. Für schlampige Zustände im Pharmawerk Leverkusen hat Bayer eine Rüge der US-Gesundheitsbehörde erhalten und arbeitet seit Monaten an der Beseitigung der Mängel. Der Gewinn bei rezeptfreien Arzneimitteln geht immer weiter zurück. Die Bayer-Aktie notiert nur noch bei 70 Euro, vor drei Jahren lag sie bei 143 Euro.