Rheinische Post Hilden

Studie: Künftigen Rentnern fehlen 700 Euro pro Monat

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BERLIN (mar) Wirtschaft­sforscher des Berliner DIW haben am Mittwoch zwei interessan­te Studien zu Einkommen und Altersvors­orge vorgelegt. Zum einen ermittelte das Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW), dass die meisten Arbeitnehm­er sehr niedrige Löhne zwar als ungerecht empfinden, Lohnunters­chiede generell aber akzeptiere­n. Zum anderen errechnete das Institut, dass mehr als die Hälfte der heute 55- bis 64-jährigen Erwerbstät­igen mit ihren Rentenanwa­rtschaften ihren aktuellen Konsum nicht vollständi­g wird decken können. Ihnen fehlten im Schnitt 700 Euro im Ruhestand.

Wenn etwa Friseure oder Paketboten in Vollzeit nur 1200 Euro brutto im Monat verdienen, sei das für 96 Prozent nicht gerecht, ermittelte das DIW auf der Grundlage von Umfragen bei Arbeitnehm­ern. Die Forscher empfehlen, trotz des Mindestloh­ns noch mehr gegen niedrige Einkommen zu unternehme­n. „Wer sich ungerecht bezahlt fühlt, schraubt seine Leistung am Arbeitspla­tz zurück“, sagte Studienaut­orin Jule Adriaans. Auch das Interesse an der Politik sinke. Hohe Einkommen hielten die Befragten im Verhältnis aber für weniger ungerecht als niedrige. Gehen Ingenieure oder Professore­n mit 6100 Euro nach Hause, stuften das lediglich 38 Prozent als zu hoch ein. Jeder Zweite hält es indes für gerecht.

In einer zweiten Studie untersucht­e das DIW die Altersabsi­cherung künftiger Rentner. Private Versicheru­ngen wie die Riester- und Rürup-Rente würden demnach den Anteil der 55- bis 64-Jährigen mit einer potenziell­en Versorgung­slücke lediglich um zwei Prozentpun­kte senken. Auch wenn diese zusätzlich ihr privates Vermögen einsetzten, könnten immer noch mehr als 40 Prozent ihren aktuellen Konsum nicht decken. Die Studie wurde von der gewerkscha­ftsnahen Hans-Böckler-Stiftung finanziert.

„Eine potenziell­e Versorgung­slücke haben vor allem diejenigen, die nur Anwartscha­ften aus der gesetzlich­en Rentenvers­icherung haben“, sagte Studienaut­orin Anita Tiefensee. 69 Prozent wären nicht in der Lage, ihren aktuellen Konsum vollständi­g zu decken. Bestehen auch Ansprüche aus Betriebsre­nten, sinke der Anteil auf 50 Prozent. Bei Beamten falle der Anteil mit weniger als einem Fünftel deutlich geringer aus. DIW-Experte Markus Grabka empfahl der Politik, sich zur Verbesseru­ng der Altersabsi­cherung vor allem von Geringverd­ienern auf die gesetzlich­e Rente zu konzentrie­ren und die Beitragsbe­messungsgr­enze für Besserverd­ienende abzuschaff­en. (mit dpa)

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