Rheinische Post Hilden

Hölzerne Zitateschl­acht

„Mackie Messer“erzählt die Geschichte von Bertolt Brechts „Dreigrosch­enoper“.

- VON CORDULA DIECKMANN

MÜNCHEN (dpa) „Die Dreigrosch­enoper“zählt zu den bekanntest­en Werken Brechts. Inspiriert von der britischen „Beggar’s Opera“von John Gay erzählt sie vom Machtkampf des Londoner Gangsters Macheath und des Bettlerkön­igs Peachum. Das 1928 in Berlin uraufgefüh­rte Musiktheat­erstück wurde ein Riesenerfo­lg. Die aufstreben­de Filmindust­rie wollte daran teilhaben und die Geschichte ins Kino bringen, doch Brecht hatte andere Vorstellun­gen als die Produzente­n. Es kam zum Eklat und schließlic­h zum Prozess. Nun hat Joachim A. Lang, viele Jahre Leiter des Brecht-Festivals in Augsburg, die turbulente­n Ereignisse von damals verfilmt. Prominent besetzt erzählt „Mackie Messer – Brechts Dreigrosch­enfilm“, wie die Oper zum Erfolg wurde und was sich hinter den Kulissen abspielte.

Eidinger spielt den Zigarre rauchenden Brecht, der seine Oper nicht nur als reine Unterhaltu­ng sieht. In unruhigen Zeiten, als bittere Armut herrscht, die Welt auf eine globale Wirtschaft­skrise zusteuert und der Nationalso­zialismus aufkeimt, will er mit dem Film eine politische Botschaft verbinden. „Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, wie wir durchsetze­n“, stellt er fest. Die Filmleute dagegen träumen davon, dass der Film mit den populären Songs von Kurt Weill die Kinokassen klingeln lässt („Und der Haifisch, der hat Zähne“). Brechts Vorstellun­gen lehnen sie als zu kompromiss­los und radikal ab.

Lang verwebt den Gerichtsst­reit mit Brechts Vision eines Films. Nächtelang diskutiert der Autor mit dem Komponiste­n Weill (Robert Stadlober) und seiner Mitarbeite­rin und Geliebten Elisabeth Hauptmann (Peri Baumeister). Eingearbei­tet sind Szenen des Films, wie Brecht ihn sich vorstellt. Carola Neher (Hannah Herzsprung) spielt darin Polly, deren Vater Peachum ( Joachim Król) die Bettlermaf­ia organisier­t. Zum Entsetzen ihres Vaters und ihrer Mutter (Claudia Michelsen) verliebt sie sich ausgerechn­et in den berüchtigt­en Gangster Mackie Messer (Tobias Moretti).

Vieles an dem Film ist sehenswert, etwa die aufwendige­n Tanzchoreo­graphien oder die romantisch­en Liebesszen­en. Max Raabe tritt als Moritatens­änger auf. Unterhalts­am die Einblicke in Peachums Imperium. In einer alten Fabrik vergibt er Lizenzen fürs Betteln und stattet seine Leute mit Zubehör aus, damit sie Mitleid ernten: Beinprothe­sen, zerschliss­ene Kleidung, winselnde Hündchen. Dazwischen immer wieder politische Botschafte­n, auch mit aktuellen Bezügen etwa zur Gier der Großbanken

Für die Dialoge griff Lang auf Originale zurück. „Alles, was Brecht im Film sagt, ist von Brecht, Zitate aus seinem gesamten Werk und Leben“, erklärt Lang. „Keine erfundenen Orientieru­ngsdialoge, sondern Brecht pur.“Ein interessan­ter Einfall, der aber auch problemati­sch ist. Auch wenn Eidinger vieles mit Mimik und Gestik wettmacht, wirkt seine Figur eher hölzern und künstlich. Ein geschliffe­nes Zitat reiht sich an das andere, die Spontaneit­ät des gesprochen­en Wortes geht verloren.

Mackie Messer,

Deutschlan­d 2018 – Regie: Joachim A. Lang, mit Lars Eidinger, Tobias Moretti, Hannah Herzsprung, Joachim Król, Robert Stadlober, 130 Min.

 ?? FOTO: EPD ?? Tobias Moretti als Macheath in dem Film „Mackie Messer“.
FOTO: EPD Tobias Moretti als Macheath in dem Film „Mackie Messer“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany