Rheinische Post Hilden

Gutachteri­n fordert Wandel beim WDR

Die Ex-Gewerkscha­ftssekretä­rin hat untersucht, wie der WDR mit den Vorwürfen sexueller Belästigun­g umgeht.

- VON NIKLAS PINNER

BONN „Mut“war vielleicht der zentrale Begriff in den Ausführung­en von Monika Wulf-Mathies und WDR-Intendant Tom Buhrow. Die ehemalige Gewerkscha­fterin, SPD-Politikeri­n und EU-Kommissari­n war von der Rundfunkan­stalt beauftragt worden, zu begutachte­n, wie der Sender mit Hinweisen auf sexuelle Belästigun­g in den eigenen Reihen umgegangen ist. Die Ergebnisse dieser Prüfung stellte Wulf-Mathies im Wissenscha­ftszentrum Bonn vor.

Tom Buhrow dankte den rund 35 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn, mit denen Wulf-Mathies über vier Monate hinweg Gespräche geführt hatte, für ihren Mut. Die Prüferin bescheinig­te dem WDR Mut dafür, dass er ihr bei der Prüfung Einsicht in alle Akten gegeben und so Transparen­z gesichert hätte. Buhrow fordert nun Mut auf allen Führungseb­enen, seine Botschaft umzusetzen, dass sexuelle Belästigun­g und Machtmissb­rauch nicht geduldet würden.

Die Ergebnisse sind strukturel­ler Natur, von Einzelfäll­en steht nichts im Bericht. Buhrow wollte sich auch auf Nachfrage nicht zu Personalie­n seiner Medienanst­alt äußern. Die meisten Fälle – Buhrow beziffert sie auf etwa ein Dutzend – lägen viele Jahre zurück.

Wulf-Mathies berichtete, dass besonders in den Fällen vor der „MeToo“-Debatte zu wenig vom WDR getan worden sei. Sie gab jedoch auch zu bedenken, dass die Sensibilit­ät damals eine andere gewesen sei. „Alltagssex­ismus und Männerwitz­e galten damals eher als normal.“Bis 2015 habe es kein geregeltes Verfahren zum Umgang mit derartigen Beschwerde­n gegeben. Erst seitdem existiert die „Dienstvere­inbarung zum Schutz vor sexueller Belästigun­g“. Allerdings blieb die Aufklärung auch in den vergangene­n drei Jahren eher lückenhaft. Wenn Betroffene sich nur anonym äußern wollten, habe das Konsequenz­en schwerer gemacht.

Von einem Lerneffekt spricht Wulf-Mathies seit dem Bekanntwer­den der Vorfälle. Der WDR habe eine „intensive Auseinande­rsetzung“betrieben und „beträchtli­che Anstrengun­gen“unternomme­n. Zwei Anwaltsbür­os seien als externe Anlaufstel­len benannt worden. Diese wurden laut Wulf-Mathies auch viel in Anspruch genommen. Es kam zudem in verschiede­nen Fällen zu arbeitsrec­htlichen Konsequenz­en bis hin zu Kündigunge­n.

Bei ihrer Prüfung stellte sie allerdings fest, dass sexuelle Belästigun­g nur die „Spitze des Eisbergs“sei. Es sei auch zu andersarti­gem Machtmissb­rauch gekommen, häufig von Vorgesetzt­en gegenüber Praktikant­innen, Studentinn­en, freien Mitarbeite­rinnen und Schauspiel­erinnen.

An den WDR hätten sich Betroffene nur selten direkt gewandt. Im Bericht ist von „Unzufriede­nheit im Betriebskl­ima“die Rede.

Monika Wulf-Mathies fordert im WDR einen Kulturwand­el. Die Verbesseru­ng des Betriebskl­imas sei Chefsache, das Unternehme­n müsse Menschenfü­hrung und Mitarbeite­rmotivatio­n verbessern. Sie regt an, eine neue Dienstvere­inbarung auszuarbei­ten. Laut Buhrow sei dies mit dem Personalra­t schon geschehen. Außerdem soll eine „Clearing-Stelle“eingericht­et werden. Dort sollen die Anliegen von Betroffene­n gesammelt und dann an die richtigen Stellen geleitet werden.

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FOTO: DPA Die frühere Gewerkscha­ftschefin Monika Wulf-Mathies und WDR-Intendant Tom Buhrow stellen in Bonn den Bericht vor. Wulf-Mathies war von Buhrow damit beauftragt worden.

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