Rheinische Post Hilden

Erster Bundesliga-Sieg für Fortuna nach 2037 Tagen

Die Düsseldorf­er überzeugen gegen Hoffenheim mit Laufbereit­schaft und Einsatzwil­len – und sie haben das nötige Glück.

- VON PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Statistike­n sagen gewiss nicht alles über den Fußball aus, aber sie taugen meist als Indiz dafür, wie eine Partie gelaufen ist. Beim Bundesliga­spiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hoffenheim notierten die eifrigen Zahlensamm­ler Michael Rensing als Düsseldorf­er mit den meisten Ballkontak­ten (52). Da der 34-Jährige aber primär dafür bezahlt wird, das Tor mit den Händen zu verteidige­n, spricht diese Zahl für einen weniger offensiven Auftritt der Hausherren. Friedhelm Funkel sprach dann auch von einem „glückliche­n Sieg“. Es war der erste Sieg in der Bundesliga nach 2037 Tagen. Am 16. Februar 2013 hatte es zuvor den letzten Dreier im Oberhaus gegeben, mit 1:0 über Greuther Fürth

18:8 Torschüsse standen am Ende für die Hoffenheim­er auf dem Zettel, 1:2 als Ergebnis. Diese Statistik belegt dann eben auch, dass die TSG fahrlässig mit ihren Chancen umgegangen ist. Das lag einerseits am starken Rensing, anderersei­ts am eigenen Unvermögen. Bei letzterem muss vor allem Andrej Kramaric genannt werden. Der kroatische Vizeweltme­ister brachte nach einer halben Stunde Spielzeit das Kunststück fertig, den Ball aus fünf Metern neben das leere Tore zu schieben und sicherte sich so seinen Platz im Video der Bundesliga-Slapstick-Momente.

Julian Nagelsmann regte sich aber nicht über den Fauxpas an sich auf, sondern vielmehr über die Reaktion seines Teams darauf. „Wenn wir zu diesem Zeitpunkt bereits 2:0 führen, kann sich aber keiner beschweren. Dann kommt die 1000-prozentige Chance und damit der Bruch ins Spiel. Dann verlieren wir komplett die Linie, weil wir mit dieser vergebenen Chance hadern“, sagte Hoffenheim­s Trainer.

Fortuna nutzte diese Pause vom zuvor exzellente­n Pressing der Kraichgaue­r und erzielte mit dem einzigen konsequent zu Ende gespielten eigenen Angriff der ersten Halbzeit das 1:0 (45.). Alfredo Morales hatte eine mustergült­ige Flanke von Jean Zimmer präzise eingeköpft. Einen mindestens ebenso großen Anteil am Treffer hatte Rouwen Hennings. Der unermüdlic­he Arbeiter im Sturm hatte Zimmer mit einem Außenristp­ass à la Franz Beckenbaue­r in Szene gesetzt. „Ich habe großes Vertrauen in meinen linken Fuß“, sagte Hennings – das war zu sehen.

Nagelsmann sah nach der Pause „ein Emotionssp­iel“– und Funkel in seiner Mannschaft „ein Team, das sich leidenscha­ftlich gewehrt hat“. In der Tat spiegelte die zweite Halbzeit genau die Tugenden wieder, die Fortuna vor der Saison proklamier­t hat, um in der Bundesliga zu bestehen: Einsatzwil­le, Laufbereit­schaft, Moral – und das nötige Glück auf der eigenen Seite. „Es muss vieles zusammenko­mmen, wenn wir gegen Hoffenheim ein Spiel gewinnen wollen. Das ist passiert“, sagte Funkel. Hoffenheim­s Angriffswe­llen schwappten nach und nach Richtung Fortuna-Strafraum, den Düsseldorf­ern gelang es nur selten, für Entlastung zu sorgen.

Und dann sah es zunächst danach aus, als wäre die Pointe des Spiels, dass sich die Geschichte aus der ersten Halbzeit mit diesmal umgekehrte­n Vorzeichen wiederhole­n würde: Der eingewechs­elte Fortune Dodi Lukebakio traf in Kramaric-Manier aus fünf Metern nur die Latte, und kurz später erzielte der ebenfalls eingewechs­elte Reiss Nelson den Ausgleich (86.). „Beim 1:1 habe ich gehofft, dass wir das Spiel nicht noch verlieren. Oft ist es so, dass dann die bessere Mannschaft den Sieg erzwingt“, sagte Funkel.

Doch sein Team zeigte die geforderte Moral. Kenan Karaman setzte zum Solo an und wurde vom plump anrauschen­den Kevin Vogt im Strafraum gelegt: Elfmeter. Nagelsmann, der bei der 1:3-Auftaktnie­derlage in München noch mit den Schiedsric­htern gehadert hatte, sagte: „Klarer Strafstoß. Da brauchen wir nicht zu diskutiere­n.“Da die etatmäßige­n Schützen Hennings und Kaan Ayhan bereits ausgewechs­elt waren, übernahm der 20-jährige Lukebakio Verantwort­ung und schoss platziert und fest ein. Torhüter Oliver Baumann war in der richtigen Ecke, kam aber nicht an den Ball.

Dass der junge Belgier der gefeierte Held war, überrascht­e den Düsseldorf­er mit den meisten Ballkontak­ten dann auch nicht. „Der ist eiskalt. Der ist wahnsinnig. Der macht sich um nichts einen Kopp“, sagte Rensing. Und Lukebakio selbst war nach dem Jubeltaume­l mit den Anhängern noch völlig aufgedreht: „Die Fans machen hier richtig Alarm. Ich wollte ihnen auf jeden Fall etwas zurückgebe­n.“Das ist ihm gelungen.

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FOTO: DPA Freude pur: Düsseldorf­s Niko Gießelmann (li.) und Torwart Michael Rensing jubeln nach der Partie.

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