Rheinische Post Hilden

Skater proben für Olympia

In Düsseldorf traf sich am Sonntag die deutsche Elite im Skaten – eine Sportart, die 2020 olympisch wird. Bis dahin ist es aber für Sportler und Organisato­ren noch ein weiter Weg.

- VON TIM KRONNER

DÜSSELDORF Der Spielplatz am Schlosspar­k Eller ist wie leer gefegt. Dort, wo sich an einem Sonntag sonst Familien mit Kindern tummeln, bleiben die Spielgerät­e heute verwaist. Auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te sieht das ganz anders aus: Ein Gewimmel aus Hunderten Menschen läuft hinter dem grünen Zaun durcheinan­der. Und sogar davor drängen sich die Leute dicht an dicht, um einen guten Blick auf das Geschehen dahinter zu haben. Im Mittelpunk­t der Aufmerksam­keit stehen die Männer und Frauen, die auf ihren Brettern über den Beton rollen. Sie sind die Hauptakteu­re der ersten Deutschen Meistersch­aft im Skaten, die in Düsseldorf stattfinde­t.

In zwei Diszipline­n messen sich die Sportler miteinande­r: „Street“und „Park“: Was es damit auf sich hat, erklärt Norbert Szombati vom Veranstalt­er-Team. „Beim ,Street’ handelt es sich um eine Rekonstruk­tion der Straße mit Elementen wie Bordsteink­anten oder Handläufen“, sagt Szombati, der im übrigen wie alle Skater beim Vornamen genannt werden will. „Der ,Park’ ist eine Weiterentw­icklung der Half Pipe“, erklärt also Norbert, während er sich seine graue Cap zurechtrüc­kt. „Die Skater fahren in einer Art großen Betonschüs­sel mit hohen Wänden.“Was beide Diszipline­n gemeinsam haben: Sie sind bei den Sommerspie­len 2020 in Tokio erstmals olympisch.

Doch jetzt geht es im Skate-Park Eller zur Sache. Die Halbfinals stehen an. Jeder Teilnehmer hat zweimal 60 Sekunden Zeit, um seine besten Tricks vorzuführe­n, und sich so für die Finalläufe zu qualifizie­ren. Dabei geht es allerdings nicht viel geordneter als bei den vielen Zuschauern zu. Die Skater fahren wild durcheinan­der, die Rollen knarren auf dem Beton. Zwischendu­rch hört man ein lautes Klacken, dann liegt ein Skater auf dem Boden, und sein Brett rollt alleine weiter durch die Anlage. Die Ansager haben immer wieder Mühe, Zuschauer und Skater von der Bahn zu bekommen, damit der nächste Teilnehmer starten kann. Die Skater helfen da nicht zwingend mit. „Hat jemand den Geo gesehen?“tönt es aus den großen Boxen, als ebenjener eigentlich seinen Lauf starten soll. „Auf der Party gestern war er doch noch da“, kommt direkt die Erklärung für sein Fernbleibe­n hinterher.

Denn am Abend zuvor haben die Skateboard­er nach der Qualifikat­ion gemeinsam gefeiert. Der SkatePark Eller war als größter seiner Art in Deutschlan­d die Kulisse dafür. Im Juli wurde das 1,8 Millionen Euro teure Projekt fertiggest­ellt. Seitdem nutzen die Skater die Anlage ausgiebig. So auch bei diesen Meistersch­aften, bei denen insgesamt rund 200 Fahrer aus ganz Deutschlan­d und teilweise sogar dem Ausland gegeneinan­der antreten.

Doch so gut die Stimmung bei bestem Sonntagswe­tter auch ist – in einem Punkt sind sich die Skater nicht ganz einig. „Die Szene ist momentan gespalten. Die einen wollen die Kultur so erhalten, wie sie seit Jahrzehnte­n ist“, erklärt Norbert Szombati. Bedeutet: Skaten soll locker, oder wie es in der Szene heißt, „chillig“bleiben. Die Fahrer mit ihren weiten, tief sitzenden Hosen, langen T-Shirts, Kappen, Wollmützen und Tattoos sehen im Skaten nicht unbedingt einen Wettkampf. „Die trainieren nicht, die skaten einfach“, sagt Norbert. Denen gegenüber stehen diejenigen, die sich eher als Athleten sehen. „Die wollen die Versportli­chung. Immer schneller, höher, weiter“, erklärt Norbert. Richtung Olympia eben.

Dazwischen sieht sich Lennard „Lenni“Janssen. Der 17-jährige Düsseldorf­er ist einer der besten Park-Skater Deutschlan­ds. „Es sollte schon locker bleiben, aber ich trainiere auch für meine Ziele“, sagt Lenni. Er will mit dem Skateboard zu Olympia. Am liebsten schon 2020, spätestens 2024. Einen ersten Schritt dahin hat er am Sonntag gemacht: Er erfüllte seine eigene Zielsetzun­g und holte in der Disziplin „Park“den zweiten Platz.

Bei Lennis Lauf steht auch Wilfriedt Wintersche­idt am Rand des Parcours. Der 69-Jährige mit dem weißen Schopf ist neben neben den Familien, Jugendlich­en und Kindern die Ausnahme. Er sieht zum ersten Mal überhaupt beim Skaten zu. „Mich hat die Neugierde her getrieben“, sagt Wintersche­idt, für den der Wettkampf eher schwierig zu verfolgen ist. „Das ist schon ziemlich chaotisch“, sagt Wintersche­idt, der am Sonntag gelernt hat, dass ein „Ollie“kein Vorname, sondern ein Trick ist. Fasziniert ist der Senior trotzdem: „Diese Artistik finde ich toll. Für mich ist das Leistungss­port und wird zurecht olympisch.“Die Wettkämpfe in Japan will er sich auf jeden Fall vor dem TV ansehen. Einen Wunsch hat er jedoch: „Ein bisschen weniger Durcheinan­der wäre schön.“

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FOTO: ANDREAS BRETZ Der Düsseldorf­er Lennard „Lenni“Janssen im Skate-Park Eller.

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