Erfall in Haan: Angeklagter berichtet
Im Prozess um den brutalen Raub an einem Rentner hört das Gericht eine abstruse Geschichte.
WUPPERTAL/HAAN Am Ende war es einfach nur grotesk. Ginge es hier nicht um ein grausames Verbrechen, das ein 83-jähriger Mann nur knapp überlebt hat: Man hätte es glatt für einen „Dilettantenstadl“halten können. Was einer der Angeklagten am mittlerweile fünften Verhandlungstag im Prozess wegen des Raubüberfalls am Hermann-Löns-Weg in Haan zum besten gab, dürfte im Gerichtssaal für Kopfschütteln gesorgt haben. Wohlgemerkt: Er selbst will beim eigentlichen Überfall den sprichwörtlichen „Trottelbonus“für sich in Anspruch nehmen. Er habe als Chauffeur nur eine Nebenrolle gespielt und unweit der Zielstraße gewartet. Straßenname? Fehlanzeige! Handy im Auto? Ach was, wofür braucht man sowas. Der Drahtzieher sei immer wieder an ihm vorbeigefahren, um ihn auf Zuruf durchs Autofenster auf dem Laufenden zu halten. Raubüberfall analog? Ja, das geht – zumindest dann, wenn das alles so stimmt, wie es der Angeklagte erzählt hat.
Dazu gehört auch, dass er es gewesen sein soll, der den ersten Überfall auf den Pensionär vermasselt hat. Ihm seien die Nerven durchgegangen und die Knie hätten ihm gezittert. Das sei Mitte Mai 2017 gewesen, man sei zu dritt zum Hermann-Löns-Weg gefahren. Dort habe man abends im Dunkeln an der Türe klingeln und den Pizzaboten mimen wollen, mit schwarzer Sturmmaske auf dem Kopf. Und dann seien da diese Leute auf der Straße gewesen oder auch Hunde? „Ich weiß es nicht mehr genau“, kämpft der Angeklagte mit Erinnerungslücken. Da sei es jedenfalls bei ihm aus gewesen, man habe die Sache abgebrochen.
Offenbar hielt ihn die kriminelle Truppe nicht mehr für belastbar, man plante ihn fortan nur noch für die Rolle des „Schmierestehers“ein.
Offizielle „Kommandozentrale“sei eine Spielhalle gewesen, in der man sich regelmäßig getroffen habe. Mal sei der Plan so gewesen, ein anderes Mal anders. „Es ging immer nur darum, wie wir an das Geld kommen“, gab der Angeklagte einen Einblick in kriminelle Grübeleien, in die man zwischendrin versunken sei. Die alles entscheidende Frage? Soll das Opfer zuhause sein, während man dort ins Haus einsteigt – oder besser nicht? Irgendwann habe man sich auf einen Mittelweg geeinigt: Ins leere Haus gehen, Geld suchen und wenn man das nicht findet, „auf den Opa warten und festsetzen“.
Ob er denn vor dem Überfall mit seinen Kompagnons über die Sache gesprochen habe? Wohlgemerkt: Einer davon ist Nachbar und guter Freund – er hatte ihn selbst angeworben. Heftiges Kopfschütteln beim Angeklagten – nö, vielleicht schon mal so zwischendurch. Des einen Kinder und des anderen Bruder: Es habe andere Themen gegeben. Ach ja, dass er sich für den Coup bei der Arbeit einen Tag frei genommen hat – das habe ihm der Kompagnon dann doch erzählt. Und die anderen beiden Angeklagten? Gab es da Gespräche? Ja, schon mal in der Spielhalle. Und der Drahtzieher habe ihm ohnehin nur gesagt, was zu tun sei. „Das habe ich dann so gemacht“, ließ der Angeklagte das Gericht wissen. Der habe ihm dann aus der Beute auch noch 100 Euro und eine Uhr angeboten. Beides habe er nicht gewollt.