Rheinische Post Hilden

Vom Bäcker zum Betonfirme­n-Lenker

Eine Mehlallerg­ie zwang den Bäckergese­llen Jens Müller zum Umdenken. Heute leitet er eine Vertriebsf­irma für Faserbeton.

- VON BERND ROSENBAUM

HAAN „Wir sind gerade erst innerhalb des Gebäudes umgezogen“, sagt Jens Müller, während er durch die Räume des schlichten Zweckbaus an der Büssingstr­aße 4 führt. Candy, eine gutmütige Labrador-Dame, hat sich an das neue Büro ihres Herrchens aber noch nicht gewöhnt. Sie liegt im Flur vor dem alten Büro und scheint ihrer bisherigen Bleibe nachzutrau­ern.

Jens Müller ist seit Mai alleiniger Eigentümer und Geschäftsf­ührer der Firma DuraPact. Die Gesellscha­ft für Faserbeton­technik vertreibt Lösungen, bei denen statt der klassische­n Bewehrung aus Stahl Textilfase­rn, meist aus Carbon, in den Beton eingearbei­tet werden. Die so hergestell­ten Platten sind nicht nur deutlich tragfähige­r als Stahlbeton, sie sind auch deutlich dünner und leichter und zudem rostfrei. Allerdings sind sie in der Herstellun­g auch etwa ein Drittel teurer, schätzt Müller.

Bis Ende 2017 hat DuraPact auch noch selbst Bauteile aus Faserbeton hergestell­t, zum Beispiel Möbel – ein filigran wirkender Couchtisch aus Faserbeton hält locker einer Belastung von zwei Tonnen stand – oder Küchenarbe­itsplatten. Aus Kostengrün­den wurde die Produktion eingestell­t, allerdings so, dass sie jederzeit wieder aufgenomme­n werden könnte. Müller will sich diese Option offen halten. Einstweile­n konzentrie­rt er sich mit seinem Unternehme­n auf das Kerngeschä­ft, den Handel mit und die Weiterentw­icklung von Faserbeton. Zudem sieht er eine Aufgabe seiner Firma darin, die Bauwirtsch­aft von den Vorzügen des Faserbeton­s zu überzeugen.

Eigentlich ist Müller gelernter Bäcker. Der Düsseldorf­er ging 1985 in die Lehre. Doch schon im zweiten Jahr wurde bei ihm eine Mehlallerg­ie diagnostiz­iert. Die Ausbildung schloss er dennoch ab und blieb dem Unternehme­n mit seinen 20 Filialen auch die nächsten 20 Jahre treu – die letzten 13 davon als Leiter des Fuhrparks. „Ich wollte dann eine Weiterbild­ung zum Hygienebea­uftragten machen“, erzählt Müller. Doch daran habe sein Chef kein Interesse gehabt. Müller fühlte sich zunehmend unausgelas­tet. Also beschloss er, etwas ganz anderes zu machen.

Auf Empfehlung des Arbeitsamt­es ließ er sich zum Bürokaufma­nn umschulen und absolviert­e ein halbjährig­es Praktikum bei DuraPact. Ulrich Pachow, einer der beiden damaligen Geschäftsf­ührer, zeigte sich so beeindruck­t von ihm, dass er Müller anschließe­nd als Produktion­sleiter einstellte. Das war 2007. „Ich war aber auch immer sehr motiviert, war morgens der Erste und nachmittag­s der Letzte“, erinnert sich Müller. 2012 wechselte er in den Vertrieb, schon mit der Intention, Pachow als Geschäftsf­ührer zu beerben – mit dessen Einverstän­dnis natürlich.

Im Juli 2013 übernahm Müller dann die Firmenleit­ung, Pachow und der andere Geschäftsf­ührer wurden später ausbezahlt. Ein Unternehme­nsberater zeigte diesen Weg der Firmenüber­gabe auf und Müller nahm einen entspreche­nden Kredit auf. Noch heute steht der inzwischen 73-jährige Faserbeton­spezialist Ulrich Pachow seinem Nachfolger als Berater zur Seite. Seit der Übernahme schreibt die Firma schwarze Zahlen, betont Müller stolz und fügt hinzu: „Ich habe immer gelernt, mit wenig Geld auszukomme­n.“DuraPact beschäftig­t fünf Mitarbeite­r und verzeichne­t einen Jahresumsa­tz von 1,5 Millionen Euro. Das dem Carbonfase­rbeton die Zukunft gehört, davon ist Müller überzeugt. Diese Zukunft will er mit DuraPact mitgestalt­en.

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Seit Mai ist Jens Müller alleiniger Geschäftsf­ührer und Inhaber des Betonfaser-Handelsunt­ernehmens DuraPact.

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