Rheinische Post Hilden

Zwangspros­titution: Schwierige­r Prozess endet mit milden Strafen

Zwei Männer aus Nigeria sollen vier Frauen dazu gezwungen haben, in einem Bordell in Erkrath zu arbeiten.

- VON SABINE MAGUIRE

ERKRATH Zwei der Nigerianer­innen hatten über Monate hinweg in einem Bordell in Erkrath gearbeitet. Durch eine Polizeikon­trolle war aufgefalle­n, dass sie sich illegal in Deutschlan­d aufhielten. Die damals 18-jährigen Frauen kamen in die Obhut einer Frauenhilf­sorganisat­ion. Sie hatten im Prozess als Zeuginnen ausgesagt.

Die Beweisaufn­ahme war mühsam – auch deshalb, weil die Frauen sich bei ihrer Zeugenauss­age in Widersprüc­he verstrickt hatten. „Erst nach der fünften oder sechsten Erklärung wurde eine vermeintli­ch wahrheitsg­emäße Aussage angekündig­t, und auch die stimmte wohl nicht so ganz“, ließ der Vorsitzend­e Richter durchkling­en, warum die Kammer letztlich ein verhältnis­mäßig mildes Urteil gefällt hatte.

War man anfangs noch davon ausgegange­n, die Frauen wären zu ihrem Aufenthalt in Deutschlan­d und im Bordell gezwungen worden, so stand irgendwann fest: So kann es nicht gewesen sein. Und so war es wohl auch nicht. Schon in Benin City sei ihnen klar gewesen, dass sie hier „anschaffen“gehen sollen. Klar war auch, dass sie für die Reise nach Deutschlan­d ziemlich viel Geld bezahlen müssen. Und das sie ohne gültige Papiere eingereist sind und sich hier ohne Erlaubnis aufhalten, wussten sie offenbar auch.

Dass die Frauen noch in Nigeria durch ein Voodoo-Ritual dazu gezwungen wurden, zwischen 35.000 und 50.000 Euro zurückzuza­hlen, wollen hingegen die beiden Angeklagte­n nicht gewusst haben. Einer von ihnen soll die Frauen in Nigeria abgeholt und im Bordell untergebra­cht haben. Er soll auch regelmäßig das Geld einkassier­t haben. Mehr als 45.000 Euro sollen dort angeblich in sechs Monaten verdient werden können.

Der andere Angeklagte will nur einmal 1500 Euro von den Frauen geholt haben – anstelle seines Kollegen, der im Urlaub gewesen sein will. Er wurde zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt, die durch die Untersuchu­ngshaft als verbüßt gilt. Gegen seinen Kompagnon, der als Haupttäter galt, wurden zwei Jahre Freiheitss­trafe verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Mit Blick auf den ursprüngli­chen Anklagevor­wurf ist das Strafmaß als eher milde einzustufe­n. Allerdings förderte erst der Prozessver­lauf die kriminelle­n Strukturen zu Tage, die sich um Menschenha­ndel und Prostituti­on nigerianis­cher Frauen ranken. „Das war hier kein typischer Fall, üblicherwe­ise werden die Opfer mit Gewalt dazu gezwungen“, so einer der Verteidige­r in seinem Plädoyer. Untypisch scheint auch zu sein, dass die eigentlich­en Drahtziehe­r unerkannt bleiben, weil sie die Fäden von Nigeria aus ziehen.

So gab es allein in diesem Fall mehrere „Madames“, die im finanziell­en Sinne ihre Hände aufhielten. An sie sollen die Angeklagte­n das Geld überwiesen haben. Und sie sollen es auch gewesen sein, die noch in Nigeria die Voodoo-Rituale organisier­t haben. Sie sollen die jungen Frauen später in Deutschlan­d angerufen haben, um sie unter Druck zu setzen. Ihre Identität konnte nicht geklärt werden.

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