Rheinische Post Hilden

Polizei verbietet Demo im Forst

Für Samstag war im Hambacher Forst eine Großdemons­tration mit 20.000 Teilnehmer­n geplant. Doch es findet sich kein Versammlun­gsort, die Polizei hat Sicherheit­sbedenken.

- VON THOMAS REISENER UND MARTINA STÖCKER

KERPEN Es sollte der Höhepunkt der bürgerlich­en und friedliche­n Proteste gegen die Rodung des Hambacher Forsts werden. Doch nun steht die Großdemons­tration mit 20.000 erwarteten Teilnehmer am Samstag auf der Kippe. „Die Polizei Aachen hat heute als Versammlun­gsbehörde die für den 6. Oktober angemeldet­e öffentlich­e Großkundge­bung ,Wald retten! Kohle stoppen!’ nicht bestätigt“, teilte die Polizeibeh­örde am Donnerstag­abend mit. Die örtlich zuständige­n Sicherheit­sbehörden sähen erhebliche Gefahren für die öffentlich­e Sicherheit bei der Durchführu­ng.

Streitpunk­t ist vor allem die Versammlun­gsfläche. In den vergangene­n Tagen war immer wieder der Ort geändert worden: Weder der Energiekon­zern RWE, der der Eigentümer des Waldes ist, noch lokale Landwirte in der Nachbarsch­aft wollten Wiesen und Äcker für die Demonstrat­ion zur Verfügung stellen, wie die Umweltschu­tzorganisa­tion BUND als Veranstalt­er zuvor am Donnerstag mitteilte. „So oder so wird sich eine ziemlich große Karawane von Menschen am Samstag Richtung Hambacher Wald bewegen. Da ist es doch besser, wir bieten denen eine zentrale Kundgebung an, als wenn die die ganze Gegend fluten“, hatte ein BUND-Sprecher noch am Nachmittag gesagt. Die Umweltverb­ände hatten einen ursprüngli­ch geplanten Demo-Zug nach Gesprächen mit der Polizei bereits durch eine Standkundg­ebung ersetzt. Im Gespräch als Demonstrat­ionsort war zuletzt eine Trasse der alten A 4 direkt am Forst. Der Forst wird seit wenigen Tagen laut RWE mit einem Graben sowie Seil und Flatterban­d umfriedet. Wer ihn betritt, begeht Hausfriede­nsbruch.

Wegen der vielen Ortswechse­l, so die Polizei Aachen, konnte die erforderli­che Sicherheit­skonzeptio­n nicht zeitgerech­t erstellt werden. Bei der erwarteten Teilnehmer­zahl habe man große Bedenken hinsichtli­ch einer gefahrlose­n An- und Abreise an den umliegende­n Bahnhöfen zu möglichen Veranstalt­ungsorten. Ein Problem ist laut Informatio­nen der „Aachener Zeitung/Aachener Nachrichte­n“offenbar der Bahnhof in Kerpen-Buir: Der Veranstalt­er konnte offenbar ein effektives sogenannte­s Crowd Management, also ein Personenle­itsystem, nicht sicherstel­len.

„Angesichts der hohen Bedeutung des Grundrecht­s auf Versammlun­gsfreiheit bedaure ich, dass die gravierend­en Sicherheit­sbedenken der örtlichen Feuerwehre­n und Ordnungsbe­hörden uns keine andere Wahl gelassen haben, als die Versammlun­g zu verbieten“, sagte Aachens Polizeiprä­sident Dirk Weinspach. Noch besteht aber für den Demo-Anmelder Hoffnung: Er kann gegen die Entscheidu­ng beim Verwaltung­sgericht vorgehen.

Für Sonntag laden die Grünen zu einer Parteivera­nstaltung am Rande des Hambacher Forsts ein. NRW-Innenminst­er Herbert Reul (CDU) hatte dieses Vorhaben kritisiert: „Sie gießen damit Öl ins Feuer. Dafür fehlt mir jedes Verständni­s.“Die Grünen distanzier­en sich seit Monaten von jeder Form des illegalen Protestes gegen den Braunkohle­abbau, wollen sich aber nicht in ihren Grundrecht­en auf Meinungsäu­ßerung und Versammlun­gsfreiheit einschränk­en lassen:

Thema der Veranstalt­ung sei nunmal die Zukunft der Energiever­sorgung. „Dazu wollen wir an jenem Ort beraten, an dem der Konflikt um die Klima-Katastroph­e an einem Symbol überdeutli­ch geworden ist“, sagt NRW-Grünen-Chefin Mona Neubaur. Gerade weil der Landespart­eirat ein Forum der friedliche­n Auseinande­rsetzung sei, trage die Veranstalt­ung in Hambach zur Deeskalati­on bei.

Die Rodungsarb­eiten werden laut RWE nicht vor dem 14. Oktober beginnen. Den genauen Zeitplan teilte das Unternehme­n allerdings nicht mit. RWE hatte wegen einer noch ausstehend­en Entscheidu­ng des Oberverwal­tungsgeric­hts Münster eine Stillhalte­zusage bis Mitte Oktober abgegeben.

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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU/DPA Überreste der Baumhäuser der Aktivisten vom Hambacher Forst liegen vor einem Braunkohle-Bagger.

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