Polizei verbietet Demo im Forst
Für Samstag war im Hambacher Forst eine Großdemonstration mit 20.000 Teilnehmern geplant. Doch es findet sich kein Versammlungsort, die Polizei hat Sicherheitsbedenken.
KERPEN Es sollte der Höhepunkt der bürgerlichen und friedlichen Proteste gegen die Rodung des Hambacher Forsts werden. Doch nun steht die Großdemonstration mit 20.000 erwarteten Teilnehmer am Samstag auf der Kippe. „Die Polizei Aachen hat heute als Versammlungsbehörde die für den 6. Oktober angemeldete öffentliche Großkundgebung ,Wald retten! Kohle stoppen!’ nicht bestätigt“, teilte die Polizeibehörde am Donnerstagabend mit. Die örtlich zuständigen Sicherheitsbehörden sähen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit bei der Durchführung.
Streitpunkt ist vor allem die Versammlungsfläche. In den vergangenen Tagen war immer wieder der Ort geändert worden: Weder der Energiekonzern RWE, der der Eigentümer des Waldes ist, noch lokale Landwirte in der Nachbarschaft wollten Wiesen und Äcker für die Demonstration zur Verfügung stellen, wie die Umweltschutzorganisation BUND als Veranstalter zuvor am Donnerstag mitteilte. „So oder so wird sich eine ziemlich große Karawane von Menschen am Samstag Richtung Hambacher Wald bewegen. Da ist es doch besser, wir bieten denen eine zentrale Kundgebung an, als wenn die die ganze Gegend fluten“, hatte ein BUND-Sprecher noch am Nachmittag gesagt. Die Umweltverbände hatten einen ursprünglich geplanten Demo-Zug nach Gesprächen mit der Polizei bereits durch eine Standkundgebung ersetzt. Im Gespräch als Demonstrationsort war zuletzt eine Trasse der alten A 4 direkt am Forst. Der Forst wird seit wenigen Tagen laut RWE mit einem Graben sowie Seil und Flatterband umfriedet. Wer ihn betritt, begeht Hausfriedensbruch.
Wegen der vielen Ortswechsel, so die Polizei Aachen, konnte die erforderliche Sicherheitskonzeption nicht zeitgerecht erstellt werden. Bei der erwarteten Teilnehmerzahl habe man große Bedenken hinsichtlich einer gefahrlosen An- und Abreise an den umliegenden Bahnhöfen zu möglichen Veranstaltungsorten. Ein Problem ist laut Informationen der „Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten“offenbar der Bahnhof in Kerpen-Buir: Der Veranstalter konnte offenbar ein effektives sogenanntes Crowd Management, also ein Personenleitsystem, nicht sicherstellen.
„Angesichts der hohen Bedeutung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit bedaure ich, dass die gravierenden Sicherheitsbedenken der örtlichen Feuerwehren und Ordnungsbehörden uns keine andere Wahl gelassen haben, als die Versammlung zu verbieten“, sagte Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach. Noch besteht aber für den Demo-Anmelder Hoffnung: Er kann gegen die Entscheidung beim Verwaltungsgericht vorgehen.
Für Sonntag laden die Grünen zu einer Parteiveranstaltung am Rande des Hambacher Forsts ein. NRW-Innenminster Herbert Reul (CDU) hatte dieses Vorhaben kritisiert: „Sie gießen damit Öl ins Feuer. Dafür fehlt mir jedes Verständnis.“Die Grünen distanzieren sich seit Monaten von jeder Form des illegalen Protestes gegen den Braunkohleabbau, wollen sich aber nicht in ihren Grundrechten auf Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit einschränken lassen:
Thema der Veranstaltung sei nunmal die Zukunft der Energieversorgung. „Dazu wollen wir an jenem Ort beraten, an dem der Konflikt um die Klima-Katastrophe an einem Symbol überdeutlich geworden ist“, sagt NRW-Grünen-Chefin Mona Neubaur. Gerade weil der Landesparteirat ein Forum der friedlichen Auseinandersetzung sei, trage die Veranstaltung in Hambach zur Deeskalation bei.
Die Rodungsarbeiten werden laut RWE nicht vor dem 14. Oktober beginnen. Den genauen Zeitplan teilte das Unternehmen allerdings nicht mit. RWE hatte wegen einer noch ausstehenden Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster eine Stillhaltezusage bis Mitte Oktober abgegeben.