Italien macht einen Schritt Richtung EU
Die Regierung hat ihre Pläne für eine Erhöhung der Staatsverschuldung für 2020/21 zwar nach unten revidiert. Aber an der Neuverschuldung von 2,4 Prozent für 2019 will die Koalition nichts ändern.
ROM (rtr) Italiens populistische Regierung hat sich unbeeindruckt von Befürchtungen gezeigt, die EU-Kommission werde ihren Haushaltsentwurf für das kommende Jahr ablehnen. „Entweder wird der Entwurf genehmigt oder er wird es nicht“, sagte Vize-Wirtschaftsminister Massimo Garavaglia am Donnerstag. Italien schaue mehr auf das Geschehen an den Finanzmärkten. Nach einem Ausverkauf italienischer Staatsanleihen am Dienstag hatte die Regierung ihre Pläne für eine Erhöhung der Staatsverschuldung für 2020/21 nach unten revidiert. An der Neuverschuldung in Höhe von 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das kommende Jahr hielt die Regierung jedoch fest. Dies ist drei Mal so viel wie von der Vorgängerregierung veranschlagt. Die EU-Kommission muss bis Ende des Monats ihre Haltung zum Haushalt erklären.
„Dieser Haushalt blickt in die Zukunft und wir werden auf keinen Fall rückwärts gehen“, sagte Vize-Regierungschef Matteo Salvini von der rechtsextremen Lega dem Sender RAI. Die Neuverschuldung sei nötig, um das Wachstum anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Ihren Plänen legt die Regierung eine optimistische Wachstumsprognose zugrunde. Nach Angaben Garavaglias dürfte sie im kommenden Jahr bei 1,6 Prozent liegen. Experten halten lediglich 1,2 Prozent für möglich.
Vize-Ministerpräsident Luigi Di Maio sprach von einem „Haushalt des Volkes“. Jetzt könnten ernsthafte und gesunde Diskussionen mit der Kommission geführt werde, sagte er dem Hörfunksender Radicale. Berichte, die Kommission habe Italien bereits die Ablehnung des Haushalts angekündigt, wurden in EU-Kreisen als unbegründet bezeichnet.
Auch bei einem drastischen Anstieg der Risikoaufschläge für heimische Staatsanleihen werde die Regierung ihren Haushaltskurs nicht ändern, kündigte Salvini an. Das gelte auch denn, wenn der Abstand zu der für die Euro-Zone maßgeblichen zehnjährigen deutschen Bundesanleihe auf vier Prozentpunkte wachse. Der Etat für das kommende Jahr sehe 16 Milliarden Euro für das Grundeinkommen und die Senkung des Renteneintrittsalters vor. Die EU-Kommission kritisiert die Pläne für eine kostspielige Umsetzung von Wahlversprechen in dem hoch verschuldeten Land.
Derzeit liegt der Zins für die zehnjährige italienische Staatsanleihe bei mehr als drei Prozent, der für die Bundesanleihe dagegen nur bei gut 0,5 Prozent. Je höher der Zins, desto teurer werden neue Schulden für die italienische Regierung, was Matteo Salvini italienischer Vize-Regierungschef deren Handlungsspielraum wiederum einschränkt. Die EU-Kommission fordert eine strengere Haushaltsdisziplin. Sie sorgt sich wegen der hohen Verschuldung des Landes. Italien sitzt auf einem Schuldenberg von 131 Prozent der Wirtschaftsleistung, das ist mehr als doppelt so viel wie erlaubt.
An den Finanzmärkten kam wegen des Streits die Furcht vor einer neuen Euro-Schuldenkrise auf. Gleichzeitig waren Bankaktien in Italien gefragt, was aber nach Ansicht von Experten vor allem an Spekulationen über die Zinsentwicklung in den USA lag. Der Mailänder Leitindex gab ein halbes Prozent nach. „Für eine nachhaltige Beruhigung der Märkte muss die italienische Regierung noch mehr tun, um verlorenes Vertrauen wiederherzustellen“, sagte Analyst Rolf Schäffer von der Landesbank Baden-Württemberg. Außerdem warte der Markt auf Reaktionen der Ratingagenturen.
„Wir werden auf keinen Fall rückwärts gehen“