Rheinische Post Hilden

Kopfschmer­z durch Pillen

Der sogenannte Schmerzmit­tel-induzierte Kopfschmer­z bedarf einer mehrstufig­en Therapie durch einen Neurologen.

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Eva Z. (42) aus Emmerich fragt: „Ich habe in den letzten Jahren zunehmende Migränekop­fschmerzen entwickelt, die zu immer häufigerer Einnahme von Schmerzmit­teln geführt hat. Mein Hausarzt sagte jetzt, dass die Schmerzmed­ikamente den Kopfschmer­z verursache­n würden. Kann das sein?“

Schmerzmed­ikamente können bei regelmäßig­er Einnahme tatsächlic­h Kopfschmer­zen auslösen. Patienten, die an mehr als 15 Tagen im Monat ein einfaches Schmerzmit­tel (ASS, Ibuprofen, Paracetamo­l) oder an mehr als zehn Tagen ein Triptan, ein Opiat oder ein Kombinatio­nspräparat (mit ASS, Paracetamo­l und Koffein) einnehmen, riskieren einen Schmerzmit­tel-induzierte­n Kopfschmer­z (SIK).

Der SIK entwickelt sich meist erst, wenn die Schmerzmit­tel über Monate oder gar Jahre häufig und zunehmend häufiger eingenomme­n werden. Der Schmerz stellt sich beim SIK sehr vielfältig dar. Er kann die Eigenschaf­ten einer Migräne, aber auch eines chronische­n Spannungsk­opfschmerz­es bis hin zum drückenden Dauerkopfs­chmerz haben. 0,7 bis ein Prozent der Bevölkerun­g leiden daran. Wie die Schmerzmit­tel bei sehr häufigem Gebrauch zu einer Chronifizi­erung bestehende­r Kopfschmer­zen führen, ist nur zum Teil verstanden. Es scheinen neurobiolo­gische Prozesse der Schmerzver­arbeitung, aber auch psychologi­sche Faktoren eine wichtige Rolle zu spielen.

Die Diagnose eines SIK stützt sich darauf, dass eine zunehmend

Winfried Neukäter

hohe Kopfschmer­zfrequenz mit mehr als 15 Kopfschmer­ztagen pro Monat und die häufige, manchmal schon prophylakt­ische Einnahme einer Akutmedika­tion mit zunehmend schlechter­er Wirkung vorliegt. Wichtig wäre zunächst, dass Sie ein Kopfschmer­ztagebuch führen. Sollten sich der von Ihrem Hausarzt geäußerte Verdacht erhärten, sollte eine konsequent­e Behandlung durch einen Neurologen erfolgen.

Die Behandlung erfolgt in Schritten. Zuerst sollte der Patient

Im schlimmste­n Fall hilft nur eine Entzugsthe­rapie

über die Zusammenhä­nge beraten werden mit dem Ziel, die Einnahme der Schmerzmed­ikamente zu senken. Wichtig ist auch eine medikament­öse Vorbeugung von Kopfschmer­zen, etwa mit Topiramat oder Amitriptyl­in. Zusätzlich sollten nichtmedik­amentöse Therapien wie Entspannun­gstechnik und regelmäßig­es Ausdauertr­aining, erfolgen.

Sollte das erfolglos sein, sollte eine Entzugsbeh­andlung der Schmerzmed­ikamente erfolgen. Da im Rahmen des Entzuges vorübergeh­end eine deutliche Verstärkun­g der Kopfschmer­zen und vegetative Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Unruhe, Ängste und Schlafprob­leme auftreten können, empfiehlt es sich, die Entzugsbeh­andlung unter stationäre­n Bedingunge­n durchzufüh­ren.

Unser Autor

Winfried Neukäter ist Chefarzt für Neurologie am Evangelisc­hen Krankenhau­s Wesel.

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