Defekter Entwerter macht Schwarzfahrer
Uwe Dittmann hat es gleich zweimal getroffen. Jetzt sei das Gerät in Ordnung, verspricht die Bahn.
HILDEN Die Deutsche Bahn hat ein Problem mit der Zeit, hat Uwe Dittmann herausgefunden. Nein, nicht das Problem, an dass Sie gerade denken. Es geht nicht um Pünktlichkeit, sondern um präzise Zeitmessung. Der Hildener fuhr am 3. Juli mit der S1 von Hilden Süd Richtung Düsseldorf. Vor dem Einsteigen hatte er sein Ticket auf dem Bahnsteig entwertet.
Der Zug hatte den Bahnhof gerade verlassen, da wurde der 64-Jährige kontrolliert. Dittmann zeigte sein Ticket vor. Der Kontrolleur warf einen kurzen Blick auf die gestempelte Zeit – und verlangte dann die Schwarzfahrergebühr von 60 Euro. In DB-Deutsch: Fahrpreisnacherhebung. Begründung: Dittmann sei mit einem ungültigen Ticket unterwegs. Der Hildener wollte erst seinen Ohren und dann seinen Augen nicht trauen. Er habe das Ticket doch gerade erst entwertet, rechtfertigte er sich. Der Stempel zeigte aber eine ganz andere Uhrzeit an. Die Kontrolleure ließen sich auf keine weitere Diskussion ein und schrieben Uwe Dittmann als Falschfahrer auf. „Vor all den Leuten: Das war schon peinlich“, erinnert er sich. Im nächsten Bahnhof mit DB-Reisecenter stieg er aus und legte Beschwerde ein. Mit Erfolg: Am 23. Juli teilte ihm die „Fahrpreisnacherhebungsstelle“der DB Vertriebs GmbH schriftlich mit: „Ihre Angaben haben wir geprüft: Der Entwerter war am 3. Juli 2018 defekt. Den Fahrpreis haben Sie schon gezahlt. Die Fahrpreisnacherhebung ist damit erledigt. Wir wünschen Ihnen eine gute Fahrt!“
Dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung. Denn am 1. August passierte Dittmann die gleiche Geschichte noch mal. Er entwertete gegen 17 Uhr sein Ticket, stieg in die S1, wurde kontrolliert. Laut Entwerter war das Ticket um 11 Uhr abgestempelt worden. Der Hildener stand schon wieder als Falschfahrer da. Er wies die Bahn auf den offensichtlich defekten Entwerter hin. „Wir verzichten unter diesen Umständen auf unsere Forderung“, teilte ihm das Verkehrsunternehmen am 31. August mit. In einem weiteren Schreiben vom 24. September forderte die Bahn dann jedoch 60 Euro „Fahrpreisnacherhebung zuzüglich sieben Euro Mahnkosten“– und zwar bis 4. Oktober. Sonst werde der Vorgang ohne erneute Mahnung einem Inkassounternehmen übergeben, drohte die DB Vertrieb GmbH. „Da weiß offenbar die eine Hand nicht, was die andere tut“, ärgerte sich Uwe Dittmann – und informierte die RP.
Nach unserer Recherche nahm die Bahn noch am gleichen Tag die Fahrgeldnacherhebung zurück und teilte das Dittmann auch mit Datum vom 28. September schriftlich mit. Der Entwerter – übrigens der einzige auf dem Bahnhof Hilden Süd Richtung Düsseldorf – funktioniere seit Freitag, 12. Oktober, wieder korrekt, versicherte ein Bahnsprecher
gestern. Laut Bahn werden die Entwerter „regelmäßig“von Mitarbeitern überprüft. Häufig würden Fremdkörper in den Stempelschlitz geschoben. Das sei eine der Ursachen für unterschiedliche Uhrzeiten. Eine „Schwarzfahrerdatei“gebe es bei der Bahn nicht. Die Personalien würden nur zur Bearbeitung der Fahrpreisnacherhebung gespeichert. Das Zugpersonal könne online alle Störungsmeldungen von Automaten/Entwertern prüfen.