Rheinische Post Hilden

Respekt! ... wirklich?

Die Gedanken sind frei, unbedingt. Aber Rücksicht hat trotzdem ihre Grenzen.

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Aleida und Jan Assmann sind ein großartige­s Paar: einerseits als Wissenscha­ftler – wer wissen will, wie kollektive Erinnerung funktionie­rt, etwa staatliche­s Gedenken, der lese bei den beiden nach. Großartig sind die Anglistin und der Ägyptologe aber auch als Friedenspr­eisträger 2018 des Deutschen Buchhandel­s. Ihre Preisrede am Sonntag enthielt viel Bemerkensw­ertes – und eine Provokatio­n: „Nicht jede Gegenstimm­e verdient Respekt“, sagte Aleida Assmann.

Wie? Was? Nicht? Ist Respekt etwa nicht die Universalt­ugend der Demokraten? Nein, ist er nicht. Respekt, wörtlich: Rücksicht, verdient, wer sich innerhalb des Konsenses der Demokraten bewegt. Wer also nicht pauschal Menschen diffamiert oder gar der Gewalt das Wort redet. Oder, in Aleida Assmanns Worten: Den Anspruch auf Respekt verliere, wer „darauf zielt, die Grundlagen für Meinungsvi­elfalt zu untergrabe­n“.

Wenn das in strafbarer Form passiert, ist es offenkundi­g, dass Respekt falsche Rücksicht wäre; notwendig ist Strafbarke­it dafür nicht. Denn was tolerabel ist, unterliegt auch gesellscha­ftlicher Übereinkun­ft. Im Zweifelsfa­ll zeigt breite Empörung, dass etwas einer Mehrheit als nicht hinnehmbar gilt, Stichwort: „Vogelschis­s“.

Und jetzt soll nur niemand „Meinungsdi­ktatur!“quaken. Im Rahmen der Gesetze darf bei uns jeder jeden Unsinn verbreiten; er darf sogar denken, dass man diesen Staat bekämpfen sollte, ob nun mit rechts- oder linksextre­mer Begründung. Er darf es nur nicht unternehme­n.

Faschismus sei keine Meinung, sondern ein Verbrechen – so skandieren Linke gern. Dabei ist Faschismus zunächst mal genau das: eine Meinung. Das Grundgeset­z schützt sogar die Meinungsfr­eiheit zum Beispiel der Faschisten, aber auch der militanten Antifa. Bloß: Respekt haben beide dafür noch lange nicht verdient.

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