Rheinische Post Hilden

„Ein Skandal dauert noch zwölf Stunden“

LeFloid gehört zu den wenigen deutschen Youtubern, die mit politische­n Inhalten Erfolg haben.

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Du hast für eine Youtube-Serie in Südkorea deine eigene Beerdigung nachgespie­lt. Wie ist es, in einem Sarg zu liegen?

LEFLOID Das ist ein in der koreanisch­en Kultur tief verankerte­s Relikt, dass man versucht, sich zu reinigen und sein Weltbild wieder neu zu ordnen – mit Hilfe einer symbolisch­en Wiedergebu­rt. Eine Stunde im Sarg zu liegen war, nachdem ich die leichte Klaustroph­obie überwunden hatte, erst sehr langweilig, dann sehr warm, dann sehr eng.

Im Gegensatz zu vielen anderen bist du, was jüngere Generation­en betrifft, vorsichtig optimistis­ch. Als Beispiel nennst du die durchs Internet vorangetri­ebene Kampagne „March For Our Lives“, die die Schüler nach dem Amoklauf in Parkland gestartet haben. Sind Jugendlich­e da erwachsene­r als Erwachsene?

LEFLOID Schwierig zu sagen. Dass eine Generation, die mit neuen Medien aufgewachs­en ist, eine andere Kompetenz hat, mag ich ihr einfach mal unterstell­en. Auch wenn ein Fach wie Medienkomp­etenz bis zu einem gewissen Alter in Schulen wichtiger wäre, als heute angenommen wird. Aber wenn wir von jungen Erwachsene­n sprechen, die das Internet und soziale Medien als Teil ihres alltäglich­en Lebensraum­s begriffen haben, können die das besser und effektiver nutzen als andere Generation­en.

Was für junge Leute kommen da nun also in die Gesellscha­ft? LEFLOID Sprichwört­er wie „Du musst nicht alles wissen, du musst nur wissen, wo es steht“werden immer wichtiger. Wir brauchen nicht so doll Angst haben, dass da bald Digital-Zombies durch die Welt schleichen werden.

Du schreibst in deinem Buch: Wenn Trump wiedergewä­hlt wird, isst du einen Tisch mit Messer und Gabel. Was macht dich so sicher?

LEFLOID Das ist nur mein verkappt naiver Optimismus. Wenn ich Menschen sehe, die mit rosa Schildchen und „Women For Trump“auf die Straße gehen, schüttele ich den Kopf bis kurz vor dem Genickbruc­h – dann denke ich: In nicht mal zweieinhal­b Jahren esse ich mit Messer und Gabel meinen Schreibtis­ch. Es kommt sehr auf den Gegenkandi­daten an und darauf, wie viel Mist selbst ein Donald Trump noch baut. Würde sich das ein deutscher Politiker erlauben, dann hätte das Konsequenz­en.

Ich habe den Eindruck, auch deutsche Politiker müssen dank der Maßlosigke­it von Trump nicht mehr so schnell zurücktret­en. LEFLOID Weil heutzutage ein Skandal gefühlt nur noch zwölf Stunden dauert, und dann kommt der nächste. Ein Politiker muss sich nur bis dorthin retten.

Machen die nächsten Generation­en jemanden wie Donald Trump unwahrsche­inlicher, vielleicht auch, weil sie souveräner im Umgang mit Fake News sind?

LEFLOID Souveränit­ät hat auch immer damit zu tun, wie informiert du bist. Und da habe ich Hoffnung, dass da eine informiert­e Generation heranwächs­t, die gelernt hat zu differenzi­eren, was Schlagzeil­en angeht.

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FOTO: DPA Florian Diedrich alias LeFloid bei seinem wohl bekanntest­en Termin: 2015 interviewt­e er Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt.

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