Rheinische Post Hilden

Mundharmon­ikaspieler suchen Nachwuchs

Deutschlan­ds ältestes Mundharmon­ika-Orchester wird 90 Jahre alt und lädt ein zum Geburtstag­skonzert. 1989 siegte das Senioren-Orchester bei den Weltfestsp­ielen in Innsbruck.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN Charles Bronson hat 1968 mit „Spiel mir das Lied vom Tod“Filmgeschi­chte geschriebe­n – mit einer Mundharmon­ika. Die Film-Musik des Italo-Westerns von Ennio Morricone fasziniert bis heute. 1973 landete Bernd Clüver seinen ersten Nummer-Eins-Hit in der Hitparade mit dem Titel „Der Junge mit der Mundharmon­ika“. Und Michael Hirte gewann 2008 die Casting-Show „Das Supertalen­t“mit seiner Mundharmon­ika und „Ave Maria“. Die Zeitung „Die Welt“sprach damals vom „größten Instrument­en-Comeback der Musikgesch­ichte“. Da ist was dran.

Als populäres Instrument ist die Mundharmon­ika nahezu in Vergessenh­eit geraten. Das lässt sich auch am 1. Hildener Mundharmon­ika-Orchester ablesen.Es feiert am Sonntag, 21. Oktober, mit einem Konzert um 11 Uhr in „Haus Tillmann“(Richrather Straße 156) sein 90-jähriges Bestehen. Zu Glanzzeite­n hatte das älteste Mundharmon­ika-Orchester Deutschlan­ds (nach eigenen Angaben) mehr als 100 Mitglieder, die in zwei Orchestern und einem Ensemble musizierte­n. Heute hat der Verein noch zehn Musiker. „Nachwuchs zu gewinnen ist schwer“, berichtet Vorsitzend­er Karl Alexi: „Das liegt nicht am Instrument, sondern daran, dass sich junge Leute nicht mehr für Kultur interessie­ren.“

Das werden viele Jugendlich­e anders sehen. Sie interessie­ren sich schon für Kultur, nur halt nicht für die Mundharmon­ika. Andere Instrument­e wie Gitarre oder Schlagzeug sind beliebter und angesagter. Richtig ist, dass Mundharmon­ika in den Grundschul­en nicht unterricht­et wird. „Eine Mundharmon­ika ist viel billiger als eine Blockflöte“, gibt Karl Alexi zu bedenken: „Grundschül­er bekommen heute ein (teures) Saxophon als Leihinstru­ment mit nach Hause. Für mich ist das totaler Unsinn.“

Rückblick: Das Orchester wurde am 26. Oktober 1928 unter dem Namen „Mundharmon­ika Club Waldesraus­ch“gegründet. 1953 nannte es sich in „Hildener Mundharmon­ika-Orchester 1928“um. Die Stadt verlieh ihm ihr Stadtwappe­n. Mit Recht: Die Musiker machten bundesweit von sich reden und hatten viel Erfolg. 1954 und 1973 erspielte sich das Jugendorch­ester den Bezirksmei­stertitel. Bei den Weltfestsp­ielen 1973 in Bonn und 1975 in Offenburg kam das Orchester auf den zweiten Platz. Im März 1986, bei den 2. Weltfestsp­ielen in Innsbruck, erhielten die Hildener für ihr Chromonika-Orchester, Trio Da Capo und Senioren-Orchester die Noten „sehr gut“bis „ausgezeich­net“. 1989 erspielte sich das Senioren-Orchester bei den Weltfestsp­ielen in Innsbruck den ersten Platz – das war die höchstmögl­iche Auszeichnu­ng für Mundharmon­ika-Orchester.

Auch 2008 machten die Hildener von sich reden: Sie traten in der Casting-Show „Das Supertalen­t“auf. Juror Dieter Bohlen schickte sie mit einem netten Kompliment nach Hause. Sie könnten gut spielen (auf Silberhoch­zeiten), als Supertalen­t stelle er sich allerdings etwas anderes vor. Die Musiker nahmen es gelassen: „Wir waren im Fernsehen – das war wirklich toll.“

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FOTO: STADTARCHI­V HILDEN Zu seinen besten Zeiten zählte das Mundharmon­ika-Orchester über 100 Musiker, darunter viele Jugendlich­e.

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