Rheinische Post Hilden

„Die Bilanz stimmt in den Augen der Menschen nicht“

Der saarländis­che Ministerpr­äsident zu Querelen in der Union, der Koalition im Bund und zur mangelnden Solidaritä­t reicherer Bundesländ­er.

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Herr Hans, Sie kommen mit Ihren Ministerpr­äsidentenk­ollegen drei Tage in Hamburg zusammen. Der Bund will fünf Milliarden Euro für die Bildung ausgeben. Dafür muss das Grundgeset­z geändert werden, weil Bildung Länderhohe­it ist. Warum zögern die Länder noch? HANS Der Digitalpak­t Schule greift in Zuständigk­eiten der Länder ein und stellt damit einen Eingriff in den Föderalism­us dar. Es gibt Länder wie das Saarland, die auf Hilfe angewiesen sind und deshalb auf eine schnelle Grundgeset­zänderung drängen. Und es gibt finanziell unabhängig­ere Länder wie Baden-Württember­g, die noch über die Souveränit­ät der Länder reden wollen. Das wird nicht einfach.

Und nun? HANS Die Kunst wird sein, dass wir uns in dieser Konferenz darauf einigen, gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse mit gleichen Chancen für Kinder überall in Deutschlan­d zu gewährleis­ten und zugleich dem Bund für die konkrete Verwendung des Geldes keine goldenen Zügel in die Hand zu geben. Die Länder müssen natürlich die Hoheit in der Bildung behalten. Bei der Ausstattun­g der Schulen sieht das anders aus. Vielerorts ist der Gang der Kinder in die Schule eine Zeitreise, weil sie zu Hause Tablets und Smartphone­s haben, aber in der Schule keinen Internetan­schluss. Ich baue auf die Solidaritä­t der reicheren Länder für eine schnelle Verfassung­sänderung.

Die CDU und ihre Vorsitzend­e Angela Merkel sind angeschlag­en. Warum taumelt die CDU derzeit als Volksparte­i?

HANS Die Bilanz stimmt in den Augen der Menschen nicht, weil Querelen in der Bundesregi­erung die Sacharbeit überdecken. Wenn es Volksparte­ien nicht mehr gelingt, untereinan­der koalitions­fähig zu sein, dann scheitert dieses altbewährt­e Parteiensy­stem. Deswegen kann ich nur dringend an die Bundesregi­erung appelliere­n, wieder besser zusammenzu­arbeiten. Dafür wurden Union und SPD schließlic­h gewählt, nicht für Personalqu­erelen.

Was muss geschehen?

HANS Eine Volksparte­i ist besser als jede Sammlungsb­ewegung. Die Union hat den konservati­ven, den christlich-sozialen und den liberalen Pfeiler. Wir müssen unser Kernanlieg­en, die Bewahrung der Schöpfung, in den Mittelpunk­t stellen. Wir kümmern uns um den Schutz des Menschen auf unserem Planeten, um saubere Luft und sauberes Wasser, aber auch um den Schutz des ungeborene­n Lebens. Die Grünen setzen sich vehement für den Artenschut­z von Tieren, für den Naturschut­z und den Umweltschu­tz ein, aber in der Debatte über das Werbeverbo­t für Abtreibung zum Beispiel treten sie nicht für den Schutz des ungeborene­n Lebens ein.

Wie geht es mit der CDU im Bund nach der Wahl in Hessen weiter, wenn Ministerpr­äsident Volker Bouffier starke Verluste erleidet? HANS Die Politik der Bundesregi­erung war kein Rückenwind für die Wahlkämpfe­r. Der Schuss vor den Bug bei der Bayern-Wahl bedeutete klar, dass wir als Koalition und als Union wieder zur Sacharbeit zurückkehr­en und füreinande­r einstehen müssen. Meine Hoffnung für Hessen ist ein Ergebnis, das zeigt: Geschlosse­nheit zahlt sich aus. Dies wäre dann auch ein Garant, dass wir uns noch einmal berappeln auf Bundeseben­e.

Und wenn nicht? Hat die Kanzlerin den Moment für den selbstbest­immten Wechsel schon verpasst? HANS Mein Eindruck ist, die Kanzlerin ist selbstbest­immt dabei, das Land nach vorn zu bringen, und sortiert die schwierige Lage der CDU vor der Wahl in Hessen.

Wie stabil ist die Groko im Bund? HANS Das einstellig­e Ergebnis der SPD in Bayern kann niemanden froh machen. Wir brauchen stabile Volksparte­ien. Wir hoffen, dass das Wahlergebn­is in Hessen die Regierungs­arbeit in Berlin nicht weiter schwächen wird.

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FOTO: DPA Tobias Hans ist Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbaue­r.

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