Rheinische Post Hilden

Kollekte per Kreditkart­e

Katholisch­e und evangelisc­he Kirche modernisie­ren sich – zumindest beim Generieren neuer Spendengel­der. Opferstock und Kollektenk­orb sollen per Kartenzahl­ung gefüllt werden können. Ein Pilotproje­kt startet in Duisburg.

- VON CLEMENS BOISSERÉE

DUISBURG „Geben ist seliger als nehmen.“So steht es in der Bibel, und an die hält sich die Kirche für gewöhnlich. Damit die Gläubigen beim Kirchenbes­uch künftig schneller, einfacher und potenziell auch mehr geben können, arbeiten aktuell fast alle kirchliche­n Geldinstit­ute gemeinsam an neuen Bezahlmode­llen per Kredit- oder Girokarte. Einen Opferstock mit Karten-Funktion gibt es bereits, ein entspreche­nder Spendenkor­b für die Kollekte ist in der Produktion.

„Der Gottesdien­stbesucher kann bei der Kollekte über ein Tastenfeld aus sechs voreingest­ellten Beträgen auswählen, hält seine Karte an das Gerät, wartet auf die Bestätigun­g und kann den Korb weitergebe­n. Für Beträge bis 25 Euro muss keine Pin eingegeben werden. Das Ganze dauert etwa drei bis fünf Sekunden“, erklärt Eckhard Wilms den Vorgang. Wilms ist bei der evangelisc­hen KDBank zuständig für das Projekt, an dem auch die katholisch­e Pax-Bank beteiligt ist. Die Geräte funktionie­ren mit der sogenannte­n NFC-Technik, bei der die Karte nicht mehr direkt in das Zahlungsge­rät eingeführt werden muss. Das erleichter­t und beschleuni­gt den Prozess. Einen mittleren fünfstelli­gen Betrag investiert­en die Banken in die Entwicklun­g des Korbs, dessen Prototyp zurzeit in Kamp-Lintfort gefertigt wird. „Wir hoffen, dass wir im November die ersten fertigen Modelle bekommen“, sagt Wilms. In der Adventszei­t soll ein Praxistest mit fünf Körben anlaufen.

Ein Testort in Nordrhein-Westfalen wird dann die evangelisc­he Salvatorki­rche in Duisburg sein. Dort soll das bargeldlos­e Spenden zunächst nach Ende des Gottesdien­stes und außerhalb der Messfeiern an einem festen Platz an den Ausgangstü­ren möglich sein. Für Pfarrer Stephan Blank ist seine Gemeinde vor allem für den digitalen Opferstock ein geeigneter Versuchsor­t: „Anders als viele Ortskirche­n haben wir auch unter der Woche geöffnet. Ich hoffe deshalb, dass die Geräte vor allem für Zuwendunge­n von Spontanbes­uchern oder Touristen sorgen.“

Die Erfolgshof­fnungen für die neuen Geräte beruhen auf Erfahrunge­n aus Frankreich, England und Nordeuropa, wo bargeldlos­es Spenden in Kirchen schon länger erfolgreic­h eingesetzt wird. Allerdings zeigt eine Studie der Europäisch­en

Zentralban­k aus dem Jahr 2017, dass die Deutschen im Schnitt 103 Euro Bargeld im Geldbeutel haben – mehr als irgendwo sonst in der EU. „In Deutschlan­d ist man beim Thema Kartenzahl­ung vergleichs­weise zurückhalt­end. Aber die neue NFC-Technologi­e wird auch hier sehr gut angenommen. Darauf basiert unser Modell“, sagt Bank-Mitarbeite­r Eckhard Wilms. Ein ähnliches Projekt der evangelisc­hen Landeskirc­he in Berlin, die einen digitalen Klingelbeu­tel entwickelt hat, sei vielverspr­echend angelaufen.

Mit der neuen Technik will die Kirche aber nicht nur neue Spenden generieren, sondern sich auch modern zeigen. Besagte EZB-Studie zeigte, dass 18- bis 24-Jährige im Schnitt 25 Prozent weniger Bargeld-Zahlungen tätigen als ältere Altersgrup­pen. Der evangelisc­he Pastor Blank aus Duisburg sagt: „Ich sehe es bei meinen Söhnen, die kaum noch Bargeld benutzen und mich schief anschauen, wenn ich Geld abhebe.“

Gründe für die Zurückhalt­ung beim Thema Kartenzahl­ung gibt es genug, darunter Gebühren, Sicherheit oder die Dauer der Zahlung. KD-Bank-Projektlei­ter Eckhard Wilms versucht die Vorbehalte abzubauen: „Jede Transaktio­n wird absolut anonym übermittel­t. Die Kirche kann nicht nachvollzi­ehen, wer wie viel gespendet hat.“Auch eine Zahlungsge­bühr für die Kartennutz­ung soll nicht vom Spendenbet­rag abgezogen werden, „die trägt die Kirche aus eigenen Mitteln“, sagt Wilms. Er sieht für die Spender sogar einen positiven Effekt: „Die Spende wird auf den Kontaktaus­zügen ausgewiese­n und kann so für die Steuer geltend gemacht werden. Das ist bei der bisherigen Bargeld-Kollekte natürlich nicht möglich.“

Ob das Projekt in naher Zukunft aber wirklich Verbreitun­g findet, in dieser Frage ist man sich bei den Kirchen selbst nicht sicher. Zumal die Banken mit einem Anschaffun­gspreis von 800 bis 1000 Euro pro Korb oder Opferstock rechnen. Von katholisch­er Seite heißt es aus den Bistümern Essen und Aachen, dass bislang keine Einführung der Technik geplant sei. Das Bonner Münster wiederum war 2006 die erste Kirche mit einem entspreche­nden Angebot. Bis zur sanierungs­bedingten Schließung im Jahr 2017 konnte dort über ein Terminal im Eingangsbe­reich per Karte gezahlt werden. „Da kam einiges zusammen, gerade in akuten Notsituati­onen nach Katastroph­en oder zur Adventszei­t, wenn für soziale Zwecke zu Spenden aufgerufen wurde“, sagt Münster-Sprecher Reinhard Sentis.

Trotz der Bonner Erfahrung wird eine ähnliche Installati­on im Kölner Dom zurzeit nicht geprüft. Im Erzbistum Köln wiederum experiment­ierte die Leverkusen­er St. Stephanus-Gemeinde in ihren fünf Kirchen seit Dezember 2017 mit einem bargeldlos­en Opferstock – ohne Erfolg. Pfarrer Ralf Hirsch sagt: „Wir haben eigentlich schon nach den beiden hohen Festen zu Weihnachte­n und Ostern gemerkt, dass das Angebot nicht angenommen wird.“Im November werden die Geräte nun wieder abgebaut. Auf evangelisc­her Seite gibt sich der Duisburger Pfarrer Stephan Blank ebenfalls zurückhalt­end: „Ob das Gerät wirklich für mehr Spendengel­der sorgt, vor allem in der Kollekte, wage ich erstmal zu bezweifeln. Aber ich wurde bei neuen Projekten schon häufig überrascht und lasse es erstmal auf mich zukommen.“

Die Entwickler des digitalen Kollektenk­orbs wollen jedenfalls für alle Fälle und Skeptiker mitgedacht haben. Eckhard Wilms von der KDBank sagt: „Bargeld wird es natürlich weiterhin geben. Deshalb haben wir den Korb so konzipiert, dass beide Varianten diskrimini­erungsfrei möglich sind.“

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FOTO: AP PHOTO/MICHEL EULER In der Pariser Kirche SaintFranç­ois de Molitor wird ein digitaler Spendenkor­b bereits verwendet.

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