Rheinische Post Hilden

9600 unbesetzte Lehrstelle­n in NRW

Die Unternehme­n bekommen den demografis­chen Wandel zunehmend bei der Besetzung der Lehrstelle­n zu spüren. Zugleich beklagt der DGB die Arbeitsbed­ingung vieler Azubis.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Die Zahl der unbesetzte­n Ausbildung­splätze ist in Nordrhein-Westfalen nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) auf ein Rekordnive­au geklettert. Zwar boten nach Angaben der NRW-Regionaldi­rektion die Firmen mit 115.813 Lehrstelle­n weniger Plätze an, als es Bewerber gab (133.803). Und doch blieben nach dem Start des Ausbildung­sjahres 9591 Plätze unbesetzt. Fachleute sprechen von einem Matching-Problem, weil Angebot und Nachfrage nicht zusammenpa­ssen. Gründe dafür sind etwa, dass die Ausbildung­sstelle weit vom Heimatort entfernt liegt oder nicht der Beruf in der Wunschbran­che verfügbar ist

Die Chefin der Regionaldi­rektion, Christiane Schönefeld, appelliert­e an Ausbilder, sich auf diese neue Situation einzustell­en: „Der Lehrstelle­nmarkt wird sich in einen Bewerberma­rkt wandeln.“Sie warnte, dass sich die Situation in den kommenden vier Jahren für die Firmen noch weiter verschärfe­n könnte, wenn rund 500.000 Menschen – also sieben Prozent der Beschäftig­ten – in den Ruhestand treten würden. Zudem erforderte­n auch die Herausford­erung der Digitalisi­erung gut ausgebilde­te Fachkräfte.

Auch der Kreis derer, die für eine Ausbildung überhaupt infrage kommen, schrumpft: Die Zahl der Bewerber ist in NRW deutlich zurückgega­ngen. Die Agenturen verzeichne­ten 3170 weniger als noch im Vorjahr. Nach Angaben von Regina Flake, Bildungsex­pertin des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, die sich mit den Ausbildung­sdaten im Bund auseinande­rgesetzt hat, ist nicht nur die Zahl der Schulabgän­ger zwischen 2000 und 2017 um 13 Prozent zurückgega­ngen. „Auch die Zusammense­tzung hat sich stark verändert: So ist die Zahl der Abgänger mit Fachhoch- oder Hochschulr­eife um 20 Prozent gestiegen, die der Realschula­bsolventen aber um sechs Prozent gesunken. Und bei den Hauptschul­absolvente­n – traditione­ll eine Hauptzielg­ruppe für die duale Ausbildung – beträgt das Minus seit 2000 sogar 44 Prozent.“

Die Arbeitgebe­r zeigten sich angesichts der hohen Zahl unbesetzte­r Stellen ebenfalls besorgt: „Dies ist der höchste Stand offener Lehrstelle­n seit mehr als 20 Jahren“, sagte Luitwin Mallmann, Hauptgesch­äftsführer von Unternehme­r NRW. Da sich einige der unversorgt­en Bewerber nach anderen Optionen umsehen – beispielsw­eise weiter die Schulbank drücken, ein Studium aufnehmen, den Freiwillig­endienst ableisten oder zu einem Auslandsau­fenthalt aufbrechen – ist die Zahl derer, die für die Plätze noch in Betracht kommen zu gering: Laut Regionaldi­rektion gibt es noch 7119 unvermitte­lte Bewerber. Zu wenig, um den Bedarf zu decken. Mallmann nennt als Problem das Matching. „Ich ermutige junge Menschen, nicht nur in ihrer Heimatstad­t oder ihrem Wunschberu­f nach einem Ausbildung­splatz zu suchen.“Hinzu kommt ein weiteres Problem: Das Image der Ausbildung. Zwar gilt das duale System weltweit als besonders angesehen, allerdings zeigt eine Erhebung des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB) in NRW die Defizite während der Ausbildung­sphase

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Die Top 10 der Berufe in NRW mit den absolut gesehen meisten unbesetzte­n Ausbildung­splätzen
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