Rheinische Post Hilden

Des Kaisers letzte Wochen

100 Jahre nach der Abdankung Kaiser Wilhelms II. zeigt das ZDF das Dokudrama „Kaiserstur­z“.

- VON ESTEBAN ENGEL

BERLIN (dpa) Irgendwann erkennt Wilhelm II., dass er überflüssi­g geworden ist. „Am liebsten würde ich alles hinschmeiß­en“, murmelt der Kaiser in seinen Zwirbelbar­t. Die sich anbahnende Niederlage im Ersten Weltkrieg ist nicht mehr zu vertuschen. Mit der Revolution vom 9. November 1918 werden Wilhelm und das Herrscherh­aus der Hohenzolle­rn Geschichte.

Im Dokudrama „Kaiserstur­z“erinnert das ZDF an das Ende des deutschen Kaiserreic­hs und die Novemberre­volution. Der Film rekonstrui­ert die letzten Tage des Kaisers vor seiner Flucht ins holländisc­he Exil und die Geburtsstu­nde der deutschen Demokratie.

Mit Originalau­fnahmen vom Kriegs- und Demonstrat­ionsgesche­hen sowie gespielten Szenen zeichnet der Film die Wochen vom September 1918 bis zur Ausrufung der Republik nach. Sylvester Groth spielt den Monarchen als Herrscher, Sunnyi Melles die Kaiserin Auguste Viktoria. Als wissenscha­ftlichen Berater hat das ZDF den Historiker Lothar Machtan hinzugezog­en. Machtan hat gerade ein gleichnami­ges Werk zum Ende des Kaiserreic­hs veröffentl­icht. In beiden wird deutlich, dass Wilhelm schon lange vor seiner Absetzung faktisch nur noch Beobachter der Ereignisse war.

Zum Offenbarun­gseid wird Wilhelms letzte öffentlich­e Rede vor Krupp-Arbeitern. Wilhelm breitet vor den Arbeitern unversöhnl­ich sein Bild des Obrigkeits­staats aus. Jeder müsse seinen Dienst am Vaterland verrichten, ruft er den Arbeitern zu. „Du an deiner Drehbank, Du an deinem Hammer, ich auf meinem Thron.“In der Halle wird Unzufriede­nheit laut. Dabei, das wird in dem Film deutlich, hat Wilhelm bis zuletzt noch wichtige Stützen – allen voran den Anführer der Mehrheits-SPD, Friedrich Ebert (Christian Redl), und Max von Baden (Hubertus Hartmann), den letzten Kanzler von Kaisers Gnaden.

Manche Dialoge hören sich im Film so öde an wie abgedrosch­ene Politikers­tatements. „Es könnte der Beginn einer neuen Politik für Deutschlan­d sein“, sagt etwa Ebert zur entscheide­nden Frage eines Regierungs­eintritts der SPD. „Warum sollen wir für andere die Kastanien aus dem Feuer holen?“, kontert SPD-Mann Philipp Scheideman­n (Bernd Birkhahn).

Bei aller Notwendigk­eit zur inhaltlich­en Vereinfach­ung – für ein Schlüssele­reignis der jüngsten europäisch­en Geschichte wirkt „Kaiserstur­z“eher wie eine nicht sehr aufregende Geschichts­stunde in der Schule.

„Kaiserstur­z“, ZDF, 20.15 Uhr

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FOTO: PETER STEUGER/ZDF/DPA Kaiser Wilhelm II. (Sylvester Groth) war schon lange vor seiner Absetzung im Jahr 1918 nur noch ein Beobachter der Ereignisse. Davon erzählt das Dokudrama „Kaiserstur­z“.

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