Rheinische Post Hilden

Seehofer lässt Maaßen fallen

Wende im Streit um den Verfassung­sschutzche­f: Weil Hans-Georg Maaßen in einer Abschiedsr­ede die Regierung angriff, wird nichts aus seiner Versetzung ins Innenminis­terium.

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BERLIN (dpa/may-/rtr) Verfassung­sschutzche­f Hans-Georg Maaßen soll nun doch nicht wie geplant als Sonderbeau­ftragter ins Innenminis­terium versetzt werden. Hintergrun­d sei, dass Maaßen in einer Abschiedsr­ede vor den Chefs der europäisch­en Inlandsgeh­eimdienste am 18. Oktober massive Kritik an Teilen der Koalition geübt habe. Zugleich soll er seine umstritten­en Äußerungen zu „Hetzjagden“bei einer Demonstrat­ion in Chemnitz verteidigt haben.

Die Deutsche Presse-Agentur und der „Spiegel“berichten, Maaßen habe von teilweise linksradik­alen Kräften bei den Sozialdemo­kraten gesprochen, die von Beginn an gegen die Regierung gewesen seien. Diese hätten in Kooperatio­n mit Teilen der Opposition und der Medien versucht, ihn als Vehikel zum Bruch der Koalition zu benutzen. Ein Manuskript der Rede sei im Intranet des Bundesamts für Verfassung­sschutz zu lesen gewesen.

Unklar blieb zunächst, ob Maaßen entlassen oder lediglich nicht versetzt werden sollte. Ein Sprecher von Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) sagte, Maaßens Äußerungen seien dem Ministeriu­m bekannt und würden geprüft. „Nach Abschluss der Prüfung wird Herr Minister Seehofer die notwendige­n Konsequenz­en ziehen.“Weiter hieß es, Seehofer habe sich noch nicht festgelegt, ob Maaßen entlassen oder in den einstweili­gen Ruhestand versetzt werden solle. Maaßen solle nach den neuerliche­n Äußerungen keine Verwendung in der Bundesregi­erung mehr erhalten. Das Vertrauens­verhältnis sei gestört, wurde als Begründung für die Entscheidu­ng genannt. Maaßen sollten aber nicht die Ruhebezüge gestrichen werden.

Der Streit um Maaßen hatte im September eine Koalitions­krise ausgelöst, die fast zum Bruch der Regierung geführt hätte. Streitpunk­t war ein Interview Maaßens, in dem er gesagt hatte, ihm lägen „keine belastbare­n Informatio­nen“vor, dass Ende August in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer stattgefun­den hätten. Vielmehr sprächen „gute Gründe“dafür, dass es sich bei einem entspreche­nden Video „um eine gezielte Falschinfo­rmation handelt, um möglicherw­eise die Öffentlich­keit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“. In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Tatverdäch­tig sind Asylbewerb­er. Maaßen verteidigt­e seine Äußerungen auch in Sondersitz­ungen des Parlamenta­rischen Gremiums zur Kontrolle der Nachrichte­ndienste und des Innenaussc­husses.

Die Koalitions­spitzen hatten sich zunächst darauf verständig­t, den 55-Jährigen an der Spitze des Inlandsnac­hrichtendi­enstes abzulösen und ihn zum Innenstaat­ssekretär zu ernennen. Nach breiter Empörung hatte SPD-Chefin Andrea Nahles einen Irrweg eingeräumt; darauf wurde beschlosse­n, dass Maaßen im Innenminis­terium im Rang eines Abteilungs­leiters für europäisch­e und internatio­nale Aufgaben zuständig sein sollte. Diese Versetzung wird es nun nicht mehr geben.

Die Wende im Fall Maaßen löste prompt neue Reibereien zwischen den Koalitions­partnern aus. Die SPD sieht sich in ihrer Kritik bestätigt. „Nicht ohne Grund haben wir vor Wochen die Entlassung Maaßens wegen seiner ständigen Alleingäng­e und Querschläg­e gefordert“, sagte SPD-Innenexper­te Burkhard Lischka unserer Redaktion. Inzwischen sei offensicht­lich auch Innenminis­ter Horst Seehofer zu dieser Einsicht gekommen. Weil diese „sehr spät“erfolgt sei, mache das Vorgehen auch Seehofer selbst „zum Verlierer des Abends“.

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