Rheinische Post Hilden

Wem gehört der Fußball?

Der „Spiegel“berichtet über Pläne der großen europäisch­en Klubs, eine Super League zu gründen. Es ist offenbar eine Drohkuliss­e in den Verhandlun­gen mit der Uefa über mehr Geld. Und es wäre der Abschied vom Sport.

- VON ROBERT PETERS

Im Sommer hat die Europäisch­e Fußball-Union (Uefa) das Prämiensys­tem für die Champions League neu geregelt. Seither verdienen die großen Klubs auf dem Kontingent von Anfang an mehr als die Konkurrent­en. Denn die Uefa honoriert die zurücklieg­enden Verdienste mit zusätzlich­en Prämien, die sie nach der sogenannte­n Koeffizien­tenranglis­te bemisst. Dort werden die Platzierun­gen der vergangene­n zehn Jahre berücksich­tigt. Der deutsche Meister Bayern München belegt in dieser Rangliste den dritten Platz. Das wird schon vor der ersten Ballberühr­ung mit 33,24 Millionen Euro belohnt. Insgesamt könnten die Münchner in dieser Saison weit mehr als 100 Millionen Euro einnehmen – unabhängig von den Eintrittsg­eldern.

Das finden die Bayern und die anderen europäisch­en Schwergewi­chte natürlich ziemlich gut. Und es gilt als sehr wahrschein­lich, dass sie diese Form von besonderer Behandlung 2016 in den Gesprächen mit dem Champions-League-Veranstalt­er Uefa durch zarten Druck erstritten haben. Darüber berichtet das Nachrichte­nmagazin „Der Spiegel“jedenfalls in seiner jüngsten Ausgabe. Er beruft sich auf Informatio­nen der Enthüllung­splattform „Football Leaks“.

Druck, behauptet das Magazin, habe ein Kartell der führenden Klubs ausgeübt. Neben den Bayern werden Real Madrid, Juventus Turin, der FC Barcelona, Manchester United, der FC Arsenal und AC Mailand genannt. Die großen Sieben sollen dem europäisch­en Verband mit der Gründung einer selbstverw­alteten Super League und dem Ausstieg aus der Champions League gedroht haben. Für die Uefa eine schrecklic­he Aussicht. Schließlic­h nimmt sie nach zuverlässi­gen Schätzunge­n durch ihre großen Wettbewerb­e jährlich 3,25 Milliarden Euro brutto ein. Über zwei Milliarden schüttet sie an die Teilnehmer des Wettbewerb­s aus – mit den genannten Boni für die Großen.

Die hätten nun ganz gern, dass sie auf Dauer im finanziell­en Vorteil bleiben. Das gehört zum Wesen des Geschäfts. Um ihren Vorrang weiter abzusicher­n, sollen die führenden europäisch­en Klubs ihre Pläne von einer Super League in diesem Jahr noch einmal konkretisi­ert haben. Der „Spiegel“berichtet von einer bindenden Absichtser­klärung, die 16 Vereinen zur Unterschri­ft noch im November vorliegen soll. Darin werde die Gründung einer Super League in der Spielzeit 2021 beschlosse­n. Elf Vereine, unter ihnen die Bayern, behalten für 20 Jahre das Startrecht, fünf weitere, unter ihnen Borussia Dortmund, können absteigen.

Die Bundesligi­sten dementiere­n Einzelheit­en, nicht aber das große Ganze. „Wir stehen total zu unserer Mitgliedsc­haft in der Bundesliga und analog zu den Uefa-Wettbewerb­en“, sagt Bayern Münchens Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge. Planspiele zum Ausstieg aus der heimischen Liga und zu den Aussichten einer Super League bestreitet er allerdings nicht. „Es ist normal“, sagt Rummenigge, „dass man sich damit juristisch auseinande­rsetzt. Ich sehe darin keinen Skandal.“Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke beteuert: „Ich habe deutlich gesagt, dass Borussia Dortmund für keinen Wettbewerb dieses Planeten die Bundesliga verlassen würde.“Und dann sagt er diesen einen wichtigen Satz: „Die Bundesliga ist mittlerwei­le deutsches Kulturgut.“

Das führt geradewegs zur Kernfrage in dieser Diskussion um unermüdlic­he Geldvermeh­rung, Showgeschä­ft, zementiert­e wirtschaft­liche Erfolgsaus­sichten und Teilhabe. Sie lautet: Wem gehört der Fußball? Gehört er den Fans, die ihn finanziere­n, die ihm das Herz geben, die ihn zu Watzkes Kulturgut machen? Gehört er den kleinen und größeren Wirtschaft­sunternehm­en, die sich beschönige­nd noch Vereine nennen

„Die Bundesliga ist mittlerwei­le deutsches Kulturgut“

Hans-Joachim Watzke Geschäftsf­ührer Borussia Dortmund

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