Rheinische Post Hilden

Adrenalin des Nachrichte­nalltags

Ein Jahr lang begleitete Regisseuri­n Liz Garbus die „New York Times“. Arte zeigt das Reporter-Leben unter Trump.

- VON MICHAEL DONHAUSER

WASHINGTON (dpa) Der Film hätte auch heißen können: „Ein Hammerjahr“. Oder: „Der pure Wahnsinn“. Die Autoren entschiede­n sich jedoch bei der vierteilig­en Dokumentat­ion, die am Dienstag beim Kulturkana­l Arte zu sehen sein wird, für etwas anderes. „Mission Wahrheit – Die New York Times und Donald Trump“. Die Redaktion hat sich von einem Kamerateam ein ganzes Jahr lang bei der Arbeit über die Schulter schauen lassen.

Es war kein gewöhnlich­es Jahr, das da mit der Kamera festgehalt­en wurde. Ganz und gar nicht. Für Korrespond­enten in Washington war es DAS Jahr ihres Berufslebe­ns. Für Journalist­en der „New York Times“gilt das ganz besonders. „Wir arbeiten jeden Tag fast 24 Stunden, und es ist die anspruchsv­ollste Story unseres Lebens“, fasst die „Times“-Büroleiter­in Elisabeth Bumiller (62) zusammen.

Der Film zeigt, wie etwa die Korrespond­entin Maggie Haberman (45), einst Boulevardr­eporterin in New York und deshalb langjährig­e Trump-Kennerin, ins Innerste der fragilen Machtzentr­ale Weißes Haus vorzudring­en vermag, wie sie vom Präsidente­n selbst auf dem Handy angerufen wird. Wie sie aber auch mit Tränen in den Augen am Telefon hockt, ihr Kind tröstend, das zu Hause in New York auch an diesem Tag vergebens auf Mama wartet. „Ich weiß nicht, wie das hier ausgehen wird. Aber eines Tages werden wir unseren Kindern sagen: Ich war damals in Washington und habe darüber berichtet“, sagt Bumiller, deren Team von Anfang an Vollgas gibt.

Der erzwungene Rücktritt von Sicherheit­sberater Michael Flynn, der Rauswurf von FBI-Chef James Comey, der Start von Russland-Sonderermi­ttler Robert Mueller – der Film der Oscar-nominierte­n Regisseuri­n Liz Garbus ruft eine ganze Kette von Großereign­issen des ersten Amtsjahres von Donald Trump in Erinnerung. Die Reporter der „New York Times“saßen immer in der ersten Reihe.

Oft auch als Zielscheib­e des Hasses, den Trump mit seiner Fake-News-Kamapagne gegen Reporter schürt. Der Film zeigt aber auch: Der Feldzug gegen die Medien ist nicht echt. Maggie Haberman beschreibt, wie eng die Beziehung Trumps zu seiner „Heimatzeit­ung“„New York Times“ist. Steve Bannon

schreit Fake News, wenige Minuten, nachdem er nach einem Interview mit einem „Times“-Reporter aus dem Auto stieg.

Die dreieinhal­b Stunden nehmen den Zuschauer mit in die Welt einer modernen Redaktion. Bumiller und ihre Leute laden Nachrichte­n fast in Echtzeit hoch, in Sekundensc­hnelle springen Fernsehsen­der und Social Media darauf an. Der Film ist manchmal ermüdend – nicht nur wegen der schwierige­n Synchronis­ation. Aber er zeigt die Kleinarbei­t, die die Reporter jeden Tag leisten, die Wände, gegen die sie laufen. Und auch die Pannen, die hin und wieder passieren.

„Mission Wahrheit – Die New York Times und Donald Trump“, Arte, Di., 20.15 Uhr

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FOTO: DOUG MILLS/THE NEW YORK TIMES/WAZEE Großlage für Reporter: Die „New York Times“-Journalist­en Matt Apuzzo (l.), Michael Shear und Lara Jakes erfahren, dass FBI-Chef James Comey gerade entlassen worden ist.

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