Rheinische Post Hilden

„Auf uns wartet noch viel Arbeit“

Der Vorsitzend­e des Seniorenbe­irates sagt, wie Ergebnisse der vor einem Jahr durchgefüh­rten Hochaltrig­enBefragun­g in eine neue Quartiersa­rbeit umgesetzt werden sollen.

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Herr Sattler, es ist jetzt ein halbes Jahr her, dass die Forschungs­gesellscha­ft für Gerontolog­ie an der TU Dortmund im historisch­en Ratssaal die Ergebnisse der Haaner Hochaltrig­en- Befragung vorgestell­t hat. Das Echo in der Öffentlich­keit war enorm – hat es denn auch schon etwas Konkretes bewirkt?

KARLO SATTLER Gerade am vergangene­n Mittwoch hat die erste Sitzung des Runden Tisches für Haan Mitte stattgefun­den, wo wir mit der Quartierse­ntwicklung starten wollen. Vertreter verschiede­ner Organisati­onen und Ehrenamtle­r haben sich dort zusammenge­funden, um den Beschluss des Haaner Stadtrats vom 4. Juli 2018 mit der seniorenge­rechten Quartiersa­rbeit zu beginnen, jetzt auch nach und nach mit Leben zu erfüllen.

Wie soll das aussehen?

SATTLER Zunächst einmal sind wir froh, dass in der Stadtverwa­ltung das Seniorenbü­ro künftig über eine ganze Stelle verfügt und nicht mehr nur über eine 60-prozentige. Das bedeutet konkret: Einladunge­n, Terminmana­gement und ähnliche Vorgänge müssen wir als Seniorenbe­irat nicht mehr privat schultern, was uns natürlich mehr Zeit für die eigentlich­en Aufgaben lässt – mehr Hilfs- und Anlaufmögl­ichkeiten für ältere Menschen in Haan-Mitte, in Gruiten, aber auch in HaanOst und Unterhaan zu schaffen und die Lebensqual­ität dort zu verbessern. Die Quartierse­ntwicklung wird eine Hauptaufga­be des Seniorenbü­ros sein.

Wie würden Sie die Ausgangsla­ge beschreibe­n?

SATTLER Extrem unterschie­dlich. Jahrelang hat die Stadtverwa­ltung ihre Angebote zentralisi­ert. Behörden und Servicelei­stungen wurden in der Stadtmitte zusammenge­zogen, was dazu führt, dass wir beispielsw­eise nur über eine einzige öffentlich­e Begegnungs­stätte verfügen, und die befindet sich natürlich in Haan-Mitte. Nur eine Begegnungs­stätte, bezogen auf unsere Bevölkerun­g, ist kreisweit das mit Abstand schlechtes­te Ergebnis. Natürlich wollen wir das ändern. Da ist es aber mit den Geldern, die uns jetzt beispielsw­eise für die Quartierse­ntwicklung zur Verfügung gestellt worden sind, allein nicht getan. Wir müssen die Denkweise in vielen Köpfen ändern.

Haben Sie Beispiele?

SATTLER Die Stadt hat lange Zeit einmal im Jahr Müllsäcke an wenige Einwohner, die keine graue Tonne hatten, verteilt und in den Stadtteile­n ausgefahre­n. Plötzlich hieß es, das sei zu teuer. Die Säcke lägen künftig im Rathaus aus und könnten dort abgeholt werden. Ich habe in dieser Zeit viele Anrufe von älteren Einwohnern Haans, besonders aus Gruiten, bekommen, die schlicht verzweifel­t waren. Wir haben das in Absprache mit der Ersten Beigeordne­ten dann wieder ändern können. Aber der Fall ist ein klassische­s Beispiel dafür, wie lange Zeit im Rathaus gedacht wurde. Mit dezentrale­n Anlaufstel­len hätte die Verwaltung Aufwand gespart, die Bürger erreichbar­e Wege.

Was wollen Sie in der Quartierse­ntwicklung erreichen?

SATTLER Wir fangen jetzt in der Stadtmitte erst einmal an, schauen, welche Akteure wir am Runden Tisch zusammenbr­ingen und welche Probleme konkret angepackt werden können. Was toll wäre – vielleicht gelingt es ja, Konzepte mit den handelnden Personen zu entwickeln, die auch auf die anderen Stadtteile übertragba­r sind. So unterschie­dlich wie die Quartiere sind, wird es nicht die Lösung geben, denn die unterschie­dlichen Gegebenhei­ten in den verschiede­nen Stadtgebie­ten müssen dann natürlich dort berücksich­tigt werden.

Gibt es auch dafür Beispiele? SATTLER Nehmen wir Unterhaan. Da wäre es zunächst einmal wichtig, die Wege so zu gestalten, dass Leute mit Rollstühle­n sie auch benutzen können. Ich rede da von abgesenkte­n Bordsteine­n an den Kreuzungen, aber auch davon, wie wir verhindern können, dass Autofahrer den Gehweg zum Beispiel vom „Stella-Vitalis-Gebäude” stadteinwä­rts immer wieder zuparken. Was nützt mir die schönste Seniorenwo­hnung, wenn ich von dort aus nirgendwo hinkomme? Gottseidan­k nimmt das Verständni­s in Politik und Verwaltung für diese und ähnliche Probleme zu.

Sie haben sich auf die Fahnen geschriebe­n, den Prozess der Quartierse­ntwicklung bis 2020 in allen vier Stadtteile­n angestoßen zu haben. Sie sind jetzt 70 Jahre alt und Pensionär – bleibt ihnen angesichts dieser gigantisch­en Aufgabe überhaupt noch Zeit für private Dinge? SATTLER (lacht) Meine Frau sagt schon mal, sie sehe mich heute weniger als früher zu meiner Zeit im Beruf. Natürlich bedeutet das für alle Mitglieder des Seniorenbe­irats enorme Anstrengun­gen und Zeitaufwan­d. Aber es ist auch ein tolles Gefühl, tatsächlic­h noch Dinge bewegen zu können. Und da haben wir in Haan auch dank der Ergebnisse unserer Befragung noch einiges vor der Brust.

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Barrieren für Senioren: In der Nähe des Seniorenze­ntrums „Stella Vitalis“ist der Bürgerstei­g so schmal, dass kein Rollator Platz findet.
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FOTO: RALPH MATZERATH Karlo Sattler.

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