Rheinische Post Hilden

Yes-Partei sagt Ja zu Europa

In Düsseldorf ist eine neue Partei gegründet worden: Young European Spirit oder Yes will Europa stärken, indem Kompetenze­n klar verteilt werden. Die Macher sind jung und hoffnungsv­oll.

- VON HELENE PAWLITZKI

DÜSSELDORF Ein Grüner hilft an diesem Abend beim Aufstellen des Beamers. Vielleicht steht das irgendwann mal in den Geschichts­büchern: Der Düsseldorf­er Ratsherr Mathias Meis von Bündnis 90/Die Grünen war dabei, als „Young European Spirit“im Heine-Haus auf der Bolker Straße in Düsseldorf aus der Taufe gehoben wurde. Meis kann allerdings nichts dafür – er arbeitet im Heine-Haus, das Beamer-Aufstellen gehört zum Service.

Jonathan Lessing und seine Mitstreite­r legen derweil Postkarten auf jeden Stuhl im Saal. „Europa ist die geilste Stadt der Welt“, steht darauf. Lessing ist 22 Jahre alt, wirkt aber in Anzug und Krawatte zehn Jahre älter – erst recht, wenn er den Mund aufmacht. Er spricht druckreif, gebraucht kaum Füllwörter oder Verlegenhe­itssilben, macht selten eine Pause, bevor er nicht am Ende seines Gedankenga­nges angekommen ist. Seine Redebeiträ­ge haben eine Gliederung, die man hören kann. Das ist häufig so bei Mitglieder­n der Studierend­enorganisa­tion Aegee (Associatio­n des États Généraux des Étudiants de l’Europe), in deren Lokalvorst­and in Düsseldorf er sitzt – ebenso wie seine Mitstreite­rin Katharina Hartz in Aachen. Hartz studiert Maschinenb­au, Lessing ist fertiger Wirtschaft­swissensch­aftler – er arbeitet bei einer Düsseldorf­er Bank. Der Dritte im Bunde, Tobias Uelpenich, macht gerade seinen Abschluss in Sozialwiss­enschaften.

Andere Leute gehen bowlen oder Bier trinken. Diese 22-Jährigen gründen heute Abend eine Partei. Eine Europa-Partei namens „Young European Spirit“oder Yes, geschriebe­n mit einem Ausrufezei­chen davor. Eine Partei, die so, wie sie erdacht ist, eigentlich noch gar nicht möglich ist.

Denn Lessing, Hartz und Uelpenich wollen, dass Yes durch und durch europapoli­tisch ist. Oder, wie es Lessing an diesem Abend vor den etwa 30 Menschen im Saal ausdrückt: „Young European Spirit verspricht, eine Stimme zu sein für eine konsequent­e Vision von Europa.“

Kurz gesagt, sollen Yes-Abgeordnet­e – so es sie einmal gibt – immer europäisch­e Interessen vertreten, niemals nationalst­aatliche. „Das wäre ein Quantenspr­ung“, sagt Jonathan Lessing.

Im europäisch­en Interesse kann es – der Parteiphil­osophie zufolge – durchaus liegen, Kompetenze­n an die Nationalst­aaten abzugeben. Den Hut aufhaben soll Europa aber bei der Digitalisi­erung, der Energie-, Migrations- und Entwicklun­gspolitik und bei Teilen der Bildungspo­litik.

Das Ziel der Gründer: Yes soll 2019 bei der Wahl zum Europaparl­ament antreten. Am liebsten wäre es Lessing, Hartz und Uelpenich, wenn es dabei bleiben würde. Sie wollen eine rein europäisch­e Partei. Doch dieses Konstrukt gibt es in dieser Form in Europa gar nicht. Yes wird an diesem Abend nicht als europäisch­e, sondern als deutsche Partei gegründet – was nach dem Parteienge­setz bedeutet, dass sie ihre Rechtsstel­lung als Partei verliert, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestags­noch an einer Landtagswa­hl teilgenomm­en hat. Yes-Abgeordnet­e werden also möglicherw­eise irgendwann wider Willen bei einer Bundestags­wahl antreten. Lessing: „Dort wollen wir dann unter anderem dafür kämpfen, dass es in Zukunft rein europäisch­e Parteien gibt.“

Wirklich voll wird es nicht an diesem Abend – aber das Publikum ist engagiert und stellt viele Fragen. Gekommen sind hauptsächl­ich Menschen im Studentena­lter. Die älteren Gäste outen sich schnell als politisch bereits aktiv. Einer bei den Grünen, ein anderer bei der Bewegung „We are Europe“. Der diagnostiz­iert „Start-up-Fieber“in Europafrag­en. Überall keimten die politische­n Bewegungen auf. Das stimmt. Neben „We are Europe“gibt es schon länger „Pulse of Europe“, weniger bekannt ist „Volt“. Inzwischen hat sich in Düsseldorf eine Gruppe namens „Force of Europe“gegründet. Braucht es da noch eine Europa-Partei?

Ja, sagt Jonathan Lessing, weil der Europa-Fan an sich keine Partei habe, die er im kommenden Jahr glaubwürdi­g wählen könne. Damit das tatsächlic­h möglich wird, müssen die Mitglieder von Young European Spirit bis März 4000 Unterschri­ften gesammelt haben. Das ist die Voraussetz­ung, bei der Europawahl auf den Wahlzettel­n aufzutauch­en. 49 Mitglieder hat Yes aktuell. Wer für Straßburg kandidiert, soll bei einem Sonderpart­eitag Anfang 2019 entschiede­n werden.

Sie hätten viel positives Feedback auf ihre ersten Ideen bekommen, sagt Tobias Uelpenich im Heine-Haus. „Oft haben wir gehört: Schöne Idee, macht ihr mal – wir steigen dann ein, wenn es konkret wird.“Jetzt soll es so weit sein. Die Yes-Gründer hoffen, dass die Parteiwerd­ung nur der erste Schritt ist.

„Yes verspricht, eine Stimme zu sein für eine konsequent­e Vision von Europa“

Jonathan Lessing Gründer der Yes-Partei

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Andere gehen bowlen. Jonathan Lessing, Katharina Hartz und Tobias Uelpenich (alle 22) gründen lieber eine Partei.

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