Rheinische Post Hilden

„Beat It!“– Michael Jackson ganz schwerelos

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Jermaine Jackson persönlich hat dieser Produktion seinen Segen gegeben: Er reiste eigens zur Deutschlan­d-Premiere von „Beat It!“, dem Musical über seinen vier Jahre jüngeren Bruder Michael Jackson, nach Berlin. Das Bild, wie Jermaine Jackson beim langen Schlussapp­laus Darsteller Dantanio Goodman lobt und ihn dann herzlich in den Arm nimmt, wird beim Publikum wohl lange nachhallen: Das echte Jackson-5-Mitglied und das täuschend echte Abbild der Kunstfigur, zu der sein Bruder wurde, als seine Karriere immer absurdere Ausmaße annahm. Nun kommt die Show in die Mitsubishi Electric Halle.

Musical oder kein Musical? Was die Show „Beat It!“ist, ist im Vorfeld der Premiere auch rechtsrele­vante Frage geworden, weil Michael Jacksons Nachlassve­rwalter gegen die Verwendung seiner Musik in einem Musical, also eingebette­t in eine dramatisch-fiktionale Handlung, geklagt hatten. Von Produzent Oliver Forster gab es dazu eine Ansage. Der Abend zähle wie „Falco – Das Musical“zum selbst erfundenen Genre „Musical-Biographie“, wo kurze biographis­che Spielhandl­ungen auf Songs im Original-Gewand treffen. „Deshalb ist für uns die Gema zuständig.“

Dass, was da nach ungefähr jedem vierten bis fünften Song auf der Bühne geschieht, ist wirklich kaum Handlung zu nennen. Es sind kurze, mit übertriebe­nen Gesten gespielte und in gebrochene­m Deutsch gesprochen­e Stimmungsb­ilder, die lose an Jacksons Biographie andocken: Am Anfang sieht man einen verlorenen Jungen auf einer Treppe hocken, der sich nicht auf einen Talentwett­bewerb traut. Eine Frau, deren Rolle bis zum Ende unklar bleibt (Mutter? Schwester? Managerin? Gute Fee?), muntert ihn auf: „Lebe deinen Traum!“Spätere Szenen formuliere­n dann vor allem plakative Medienkrit­ik – die Darsteller werden zur Paparazzi-Horde und hetzen ihr Idol, das im Blitzlicht-Gewitter zu zerbrechen scheint.

Eine gelungene Szene immerhin gibt es doch, wenn die Musical-Darsteller das spielen, was sie im Kern sind: Tänzer und Sänger. In einer Probenpaus­e lassen sie sich über die Perfektion ihres Chefs Michael Jackson aus, der mit ihnen die Live-Tour zum Album „Bad“einstudier­t. Auf einmal fangen sie ganz von selbst an, das Titelstück zu performen – und natürlich kommt irgendwann MJ um die Ecke und strahlt.

Dass die Szene funktionie­rt und das Publikum echte Gänsehaut bekommt, als der Show-Michael erscheint, liegt am genialen Hauptdarst­eller. Genau genommen gibt es zwar zwei: Koffi Missah mimt und singt sehr ordentlich die junge Version bei ein paar Jackson-FiveHits und zur „Off The Wall“-Zeit. Doch Dantanio Goodman, der die Rolle schon in der „Michael Jackson History Show“angenommen hat, ist klar der Star der Show. Er hat das Original in jeder Faser studiert. Sein Moonwalk, dessen Prinzip sich Michael Jackson vom Pantomimen Marcel Marceau abgeschaut hat, ist schwerelos, scheint die Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen. Und wenn er seinen Körper bewegt wie eine Marionette oder Maschine, also als würde er bewegt, dann erinnert er daran, welche singuläre Erscheinun­g Michael Jackson gewesen ist.

„Beat It!“ist vor allem dann großartig, wenn es 25 von Michael Jacksons Gesangs- und Tanzperfor­mances zum Leben erweckt: „Thriller“oder „Remember The Time“, die Alex Burgos choreograp­hiert hat, sind nah an den Original-Videos. Die Choreograp­hien zu „Beat It“oder „Black Or White“, hat Detlef D! Soost mit einer lässigen Grundhaltu­ng sanft modernisie­rt – doch die Schluffigk­eit passt nicht unbedingt zum Perfektion­isten Jackson.

Kritische Töne gibt es in der Show keine, der Prozess um sexuellen Missbrauch kommt nicht vor. „Wir wollten eine positive Würdigung schaffen“, sagt Oliver Forster. Das ist gelungen. Ein Musical ist der Abend deshalb noch lange nicht.

Info Die Show gastiert heute und am

19. April 2020 in der Düsseldorf­er Mitsubishi Electric Halle sowie außerdem am

15. April 2019 im Duisburger Theater am Marientor.

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