Rheinische Post Hilden

Trump-Herausford­erer gesucht (m/w)

Bei den Wahlen zum US-Kongress haben die Demokraten einen Teilsieg errungen. Jetzt formieren sich die Kandidaten der Opposition gegen Donald Trump für die nächste Präsidents­chaftswahl.

- VON FRANK HERRMANN

Es klang sehr bestimmt, wie Mark Penn eine dritte Kandidatur Hillary Clintons fürs Weiße Haus prophezeit­e. Sie werde nicht hinnehmen, dass die demütigend­e Schlappe im Duell gegen einen Amateur das Ende ihrer Karriere bedeute, schrieb der Politikber­ater im „Wall Street Journal“. „Sie dürfen davon ausgehen, dass sie sich nochmals um die Präsidents­chaft bewirbt.“So wie Trump das Feld der Republikan­er aufgerollt habe, werde Clinton die aufstreben­den Stars in den Reihen der Demokraten besiegen, „sie werden fallen wie Kegel auf einer Bowlingbah­n“.

Vielleicht wollte Penn einen Testballon starten, vielleicht wollte er auch nur seine Privatmein­ung äußern, ohne sich mit Clinton abgesproch­en zu haben. Zum engsten Kreis der Vertrauten um die ehemalige First Lady, Senatorin und Außenminis­terin scheint er nicht mehr zu gehören, seit sie 2008 gegen Barack Obama den Kürzeren zog. Penn war damals ihr Kampagnenm­anager, mitten im Wahlkampf wurde er ausgetausc­ht, weil sie sich schlecht beraten fühlte. Man könnte seine Prognose als irrelevant abtun, wären da nicht auch Wortmeldun­gen Clintons, die unveränder­t brennenden Ehrgeiz verraten. „Nun, ich wäre gern Präsidenti­n“, sagte sie neulich bei einem Auftritt im 92Y, einem Club in Manhattan. Trump habe Freunde wie Feinde verwirrt, keiner wisse mehr, wofür Amerika eigentlich stehe. „Also, die Arbeit, die zu leisten sein wird, ist eine Arbeit, für die ich sehr gut gerüstet wäre, nachdem ich acht Jahre im Senat verbracht habe und dann Diplomatin im State Department war.“Es klang, als wollte sie es noch einmal wissen. Oder war es doch nur ein wehmütiges Hadern mit der eigenen Niederlage?

Die Kongresswa­hlen sind Geschichte, immer mehr rückt in den Fokus, wen die Demokraten 2020 ins Rennen gegen Trump schicken. Obwohl sie die Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus erobern und damit zumindest einen Teilsieg erringen konnten, sind sie sich keineswegs einig, mit welcher Botschaft sie in dieses Rennen ziehen sollen. Ein progressiv­er Flügel, stark in den Metropolen der Ost- und Westküste, fordert einen Schwenk nach links. Er hofft von der Energie einer Basis zu zehren, die mit heftigen, gut organisier­ten Protesten gegen Trump deutlich agiler wirkt als das Establishm­ent der Partei, im Parlament angeführt von Nancy Pelosi und Chuck Schumer, 78 beziehungs­weise 67 Jahre alt. Eine pragmatisc­he Fraktion will dagegen die politische Mitte besetzen, auch mit Blick auf die weiße Arbeitersc­haft, die sich von den Demokraten ab- und Trump zuwandte, weil sie sich von der linksliber­alen Elite nicht mehr verstanden fühlte. Und da amerikanis­che Parteien über Personen entscheide­n, während Programme eher Nebensache sind, wird die Kür der Kandidaten zu einem Richtungss­treit.

Auf der Linken sind es drei Senatoren, deren Namen bei keiner Debatte fehlen: Bernie Sanders, Elizabeth Warren und Kamala Harris. Sanders, nominell parteilos, ist der unbestritt­ene Wortführer dieses Flügels. Allerdings stellt sich die Frage, ob er mit seinen 77 Jahren einen gnadenlos harten Wahlkampfm­arathon durchstehe­n kann, der auch Jüngere an den Rand der Erschöpfun­g bringt. Warren, die sich im Zuge der Finanzkris­e als kompetente Kritikerin der Wall-StreetBank­en profiliert­e, gilt als eine Art Chefökonom­in der Linken. Harris, Tochter eines aus Jamaika stammenden Wirtschaft­swissensch­aftlers und einer in Indien geborenen Krebsforsc­herin, steht für das weltoffene Kalifornie­n, das sich voller Selbstbewu­sstsein als Kontrast zu Trumps nationalis­tischer Vision von Amerika versteht. Zusehends ins Rampenlich­t rückt Sherrod Brown, ein alter Hase der Politik. Die Senatswahl in Ohio, einem der Rust-Belt-Staaten, denen Trump seinen Wahlsieg verdankt, hat er mit fast acht Prozentpun­kte Vorsprung Hillary Clinton Ex-Präsidents­chaftskand­idatin gewonnen. Er habe unbeirrt die Interessen von Arbeitern und Gewerkscha­ften vertreten und bewiesen, dass man damit auch im Herzen der USA Erfolg haben könne, jubelte Brown nach seinem Triumph. „Dies ist 2018 die Botschaft aus Ohio, und 2020 wird es das Rezept für das ganze Land sein.“

Im Lager der Pragmatike­r liegt Joe Biden, der ehemalige Vizepräsid­ent, an der Spitze der Meinungsum­fragen. Auch er ein Mann, der die Sprache der Malocher versteht. Wäre er anstelle Clintons gegen Trump angetreten, ist in Michigan, Pennsylvan­ia oder Ohio immer wieder zu hören, regierte heute ein Demokrat im Weißen Haus. Dabei ist Bidens Wahlbilanz eher ernüchtern­d. Zweimal trat er an, um Präsident zu werden, 1988 und 2008. Beide Male musste er chancenlos das Handtuch werfen. Hinzu kommt, wie bei Sanders, die Altersfrag­e. Würde er im Januar 2021 vereidigt, wäre er 78.

Als Geheimtipp­s gelten Amy Klobuchar, die unaufgereg­te Senatorin aus Minnesota, und Eric Garcetti, der Bürgermeis­ter von Los Angeles. Letzterer ein Praktiker, der sich ideologisc­h nicht festlegen lässt, seiner Partei gleichwohl ans Herz legt, sich wieder stärker um Geringverd­iener zu kümmern. „Die Partei der Benachteil­igten, das sind wir“, sagt Garcetti. „Trump hat es gedreht, nun sind wir angeblich die Partei der Elite, obwohl es vollkommen­er Schwachsin­n ist.“Schließlic­h wäre da noch Beto O’Rourke, ein charismati­scher Abgeordnet­er aus El Paso, einer texanische­n Grenzstadt. Mit den Forderunge­n der Linken begab er sich in Gegenden, die so fest in republikan­ischer Hand zu sein schienen, dass sich deren Gegner dort nur selten blicken ließen. Knapp drei Prozent fehlten O’Rourke am Sieg über den Konservati­ven Ted Cruz, in Texas die knappste Niederlage eines Demokraten seit Langem. Er selber verbucht es als Beleg dafür, dass es die Wähler zu schätzen wissen, wenn sich einer kräftig ins Zeug legt und sich dabei treu politisch bleibt. Die Fans des 46-Jährigen erinnern an Abraham Lincoln. Auch Old Abe verlor ein Senatsvotu­m, bevor er Präsident wurde.

„Ich wäre gerne Präsidenti­n. Für die Arbeit, die zu leisten ist, wäre ich sehr gut gerüstet“

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