Rheinische Post Hilden

Raub in Haan: Gericht fällt Urteile

Elf Jahre und sechs Monate für den einen, sieben Jahre und sechs Monate für den anderen Hauptangek­lagten.

- VON SABINE MAGUIRE

HAAN Die beiden Hauptangek­lagten wurden zu 11 Jahren und sechs Monaten sowie zu 7 Jahren und sechs Monaten Freiheitse­ntzug verurteilt. Zwei weitere, ein Mann und eine Frau, müssen wegen Beihilfe für drei Jahre und zehn Monate sowie zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. So lautet das Urteil im Prozess wegen des Überfalls auf einen 83-Jährigen Pensionär im Mai 2017 am Hermann-Löns-Weg. Die Kammer folgte mit dem Strafmaß dem Antrag des Staatsanwa­lts, der die Tatbeteili­gung der vier Angeklagte­n als erwiesen angesehen hatte.

Zuvor hatten die Verteidige­r ihre Plädoyers gehalten – für Nebenkläge­r Carl. K. müssen sie eine Zumutung gewesen sein. Hatte man ihm doch anfangs nicht geglaubt, dass er über Stunden hinweg traktiert und am Ende geknebelt und auf einem Stuhl gefesselt auf der Terrasse des brennenden Hauses zurückgela­ssen worden war. Stattdesse­n hatte man ihn bei den polizeilic­hen Vernehmung­en verdächtig­t, das Feuer in seinem Haus selbst gelegt zu haben. Dabei war ihm offenbar die innere Stärke zum Verhängnis geworden, mit der er seine Situation noch immer bewältigt. Nur kurz ließ er nach der Urteilsver­kündung durchkling­en, wie es ihm eigentlich geht: „Kein Urteil kann mich trösten und befrieden. Ich stehe noch immer vor den Trümmern meines Hauses.“Er habe den Tätern in die Augen geschaut, um in ihren Gesichtern nach Wahrheit zu suchen – und sie dort nicht gefunden. Nun müsse er damit fertig werden – wie, das wisse er auch noch nicht.

Die selbstmitl­eidigen letzten Worte der Angeklagte­n müssen in seinen Ohren geklungen haben wie Hohn. Der eine, hochversch­uldet und in einer Lebenskris­e steckend. Eigentlich habe er ja nur Schmiere gestanden – und das angeblich ohne Handy und ohne Kontakt zu den Grausamkei­ten, die da im Haus passiert sein sollen. Davon sei bei der Verabredun­g zum Raub nie die Rede gewesen, er jedenfalls will nichts gewusst haben. Dass er zuvor den Brandbesch­leuniger gemischt hatte? Aus Sicht seines Verteidige­rs könne im allenfalls Brandstift­ung und Beihilfe zum erpresseri­schen Menschenra­ub vorgeworfe­n werden. Beihilfe – das war auch das Stichwort für einen der drei Mitangekla­gten. Er hatte gestanden, mit im Haus gewesen zu sein. Allerdings will er das Opfer weder erpresst, noch grob angefasst haben. Im Gegenteil, er habe für den eigentlich­en Drahtziehe­r „Gewehr bei Fuß“gestanden und die Sache als eine Art „Aushilfsjo­b“gesehen. So jedenfalls sah es sein Verteidige­r, der mit den beantragte­n drei Jahren Freiheitse­ntzug weit unter den zuvor von der Staatsanwa­lt für seinen Mandanten geforderte­n acht Jahren lag. Und auch hier wieder: Lebenskris­e, seelische Zusammenbr­üche im Knast und eine Familie, die nun viel Leid ertragen müsse. Ach ja, Angst hätten diese beiden Angeklagte­n angeblich auch noch gehabt. Vor dem Drahtziehe­r, vor der dann doch ausgeführt­en Tat – und nun auch vor der Wendung, die ihr Leben vermutlich nehmen wird. Das dürfte sie unterschei­den von ihrem Opfer: Carl K. folgte den Plädoyers und auch der Urteilsver­kündung beeindruck­end gelassen und souverän. Zuvor hatte er sich auch noch anhören müssen, dass einer der Täter seine Tatbeteili­gung vollends geleugnet hatte. Er habe eine Familie, einen gesicherte­n Job und so was gar nicht nötig. „Ich muss nicht mit solchen Sachen tricksen, um an Geld zu kommen“, ließ er Carl K. wissen. Sein Verteidige­r hatte Freispruch aus Mangel an Beweisen gefordert. Zumindest in einem waren sich die drei geständige­n Angeklagte­n einig: Der eigentlich­e Drahtziehe­r des Überfalls sitzt ganz woanders auf der Anklageban­k. Der ehemalige Mitarbeite­r des Haaner Tiefbauamt­s soll das Opfer ausspionie­rt und die Tat geplant haben. Der Mann muss sich derzeit wegen versuchten Mordes und besonders schweren Raubes am Landgerich­t Hagen verantwort­en. Möglicherw­eise wird die Strafe dort so hoch sein, dass das hiesige Verfahren gegen ihn eingestell­t wird.

 ?? RÜTTGEN RP-FOTO: A. ?? 1. Juni 2017: Zur Spurensich­erung am Tatort hatte die Polizei das Grundstück am Hermann-Löns-Weg in Haan abgesperrt.
RÜTTGEN RP-FOTO: A. 1. Juni 2017: Zur Spurensich­erung am Tatort hatte die Polizei das Grundstück am Hermann-Löns-Weg in Haan abgesperrt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany