Wir möchten, dass einer mit uns geht
Am Ende des Kirchenjahres werden die Texte in der Liturgie bedrohlich: Von Lug- und Trugpropheten, von sich verfinsternder Sonne und dunklem Mond, von wankenden Kräften des Himmels ist die Rede. Man mag das auf große Katastrophen oder den Klimawandel beziehen. Denn wer das Weltgeschehen beobachtet, sieht die Katastrophen und engagiert sich vielleicht bei Menschenrechts- oder Umweltbewegungen. Wer sich wegen eines Sturzes oder Schmerzen in einem Krankenhaus wiederfindet, wer vor den Scherben einer Partnerschaft steht, wer um einen geliebten Menschen trauert, dem gehen oft Sonne, Mond und Sterne persönlich unter.
Was ist mit mir? Was wird mit mir? Viele Fragen beschäftigen uns dann, auf die es nicht immer Antworten gibt. Auch der Glaube gerät dann oft ins Wanken. Für manche ist es ein Trost, dass der Gottes- und Menschensohn selbst durch das Dunkel der Quälerei und des Todes ging. Fast allen gemein ist aber der Wunsch, dass wenigstens einer da ist, der mit uns geht, zuhört, uns an die Hand nimmt. Ein Kirchenlied greift das Versprechen Jesu auf; wir nennen ihn den Herren Christ, der durch den Tod gegangen ist; er will durch Leid und Freuden uns geleiten. Er steht für Wahrheit und Menschenwürde.
Der Vertreter der Mächtigen, Pilatus, fragt abschätzig: Was ist (denn schon) Wahrheit? Er scheint nicht zu verstehen, dass sie vor ihm steht, dass da ein Mensch seine königliche Würde auch dann nicht verliert, wenn er durch Wunden und Schmerzen entstellt ist. Er versteht nicht, dass Jesus, der Christus, ein Königtum vertritt, das nicht aus dieser Welt ist, aber immer wieder seinen Platz in dieser Welt findet, wo Menschen bereit sind, anderen Begleiter zu sein, ihnen zuzuhören, ihre Hand zu halten, sie zu pflegen. Ich wünsche uns allen, mindestens einen, der mit uns geht, die Wahrheit sagt und uns spüren lässt, dass wir alle durch Gott Könige sind.
„Uns beschäftigen Fragen, auf die es nicht immer eine Antworten gibt“