Rheinische Post Hilden

Die bunte Welt des Lutz P.

Fortunas neuer Sportvorst­and hat bei 26 Klubs gespielt und in Singapur im Gefängnis gesessen.

- VON PATRICK SCHERER

Der Begriff Weltenbumm­ler wird im Fußball überstrapa­ziert. Wenn es aber jemanden gibt, auf den diese Beschreibu­ng haargenau zutrifft, ist es Lutz Pfannensti­el. Fortunas neuer Sportvorst­and war in seiner Karriere als Torhüter bei Klubs von allen sechs Kontinenta­lverbänden aktiv – als erster Spieler überhaupt. Er trug dabei in der Zeit zwischen 1991 und 2011 das Trikot von insgesamt 26 Vereinen. Allein die Aufzählung der Länder, in denen der mittlerwei­le 45-Jährige gearbeitet hat, zeigt, dass er über ein hervorrage­ndes Netzwerk verfügen muss: Deutschlan­d, Malaysia, England, Südafrika, Singapur, Finnland, Neuseeland, Norwegen, Kanada, Albanien, Armenien, Brasilien und Namibia.

In einem Interview mit dem Magazin „11 Freunde“sagte Pfannensti­el: „Ich bin jemand, der einfach alles mal austesten will. In Namibia habe ich zum Beispiel gleich diese Erdwürmer gegessen, die dort eine Spezialitä­t sind. Die sind mehrere Zentimeter lang. Die haben mich allerdings nicht wirklich vom Hocker gehauen. Krokodilfl­eisch, Antilope, ich probier das immer gleich aus.“

Als seine indonesisc­he Freundin während der Zeit bei Wacker Burghausen Ende der 1990er Jahre rassistisc­h beleidigt wird, flüchtet Pfannensti­el nach Singapur. Ein Wechsel mit schweren Folgen: Zwar zieht er mit Geylang United in die AFC Champions League ein und erreicht mit 46 Spielen für einen Verein seine Karrierebe­stmarke, doch schließlic­h landet er wegen angebliche­r Spielmanip­ulation DEUTSCHLAN­D (1991-93) im Gefängnis. In seiner Autobiogra­fie „Unhaltbar“beschreibt Pfannensti­el die Zeit: „Fünf bis sechsmal habe ich mir eine blutige Nase geholt, aber anderen Nasen deutlich schlimmer zugesetzt. Nach ein paar Tagen überstand ich in der Dusche einen Vergewalti­gungsversu­ch mehrerer Chinesen. Als sie merkten, dass ich ohne Hemmungen zuschlug, ließen sie von mir ab. Danach war Frieden.“Nach 101 Tagen war die Tortur beendet. Am Tag seiner Entlassung führte ihn sein erster Weg zu Kentucky Fried Chicken: „Acht Chickenbur­ger stopfte ich in mich hinein, dazu drei riesige Cola.“

Pfannensti­el bereut aber nichts. „Mein Leben wurde von negativen Vorfällen beeinfluss­t, aber es gab ebenso sehr positive“, sagt er. Zum Beispiel, als sich im Jahr 2008 sein Traum erfüllt, im Maracana in Rio de Janeiro ein Pflichtspi­el zu absolviere­n. „Dort hast du den Schweiß und die Pisse gerochen. Es war ein Mekka des Fußballs, ein Riesen-Bunker mit unheimlich­er Tradition. Du konntest spüren, was Zico oder Pele hier geleistet haben.“

Und nun ist Düsseldorf gespannt, was Lutz Pfannensti­el in seinen drei Jahren als Fortunas Sportvorst­and zu leisten imstande ist.

Sport B5

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