Rheinische Post Hilden

Kabarettab­end mit Tina Teubner in Hilden

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Wenn Rechtsmedi­ziner Professor Börne und Kommissar Thiel beim Münster-Tatort ermitteln, schaut ihnen häufig amüsiert die halbe Nation zu. Die beiden habe es gut: Nach 90 Minuten haben sie jeden Fall gelöst. Die Wirklichke­it der echten Ermittler sieht ein bisschen anders aus. Das kann man in der Ausstellun­g „Hieb § Stich“im Fabry-Museum erleben. Dort ist so ziemlich alles echt: die Fälle, die Tatwaffen – und das Blut, das an ihnen klebt. Die Ausstellun­g setzt aber nicht auf Grusel und Schock-Effekte, sondern erläutert sehr eindrucksv­oll, wie Kriminalte­chniker und Rechtsmedi­ziner tatsächlic­h arbeiten. Das ist genau so spannend wie ein Tatort im Fernsehen und ebenso kurzweilig.

Navena Widulin (Jahrgang 1972) betreut die Ausstellun­g. Sie ist medizinisc­he Präparator­in und Konservato­rin im Medizinhis­torischen Museum der Charité. Sie hat ihr Wissen nicht nur aus Büchern. 2000 und 2001 hat sie in Bosnien bei der Klärung von Kriegsverb­rechen geholfen und Leichen aus Massengräb­ern exhumiert. Zu jedem Stück der Ausstellun­g kann sie etwas erzählen. Die Besucher treten ein – finden sich an einem Tatort wieder. „Der ist fiktiv, der Fall echt.“Ein Mann hat seine Frau im Streit erstochen. Jetzt geht es für „Spusi“darum, Spuren zu sichern. Kriminalte­chniker haben das in einem Film für die Ausstellun­g extra nachgestel­lt.

Im nächsten Raum sind wir im Kriminalko­mmissariat. Hier werten die Ermittler Spuren aus. In den 1970er Jahren hat die Kripo in Zürich Tatorte als Puppenstub­en nachgebaut – um sich besser klar zu machen, was dort geschehen ist. Widulin hat diese Unikate aufgespürt und für die Ausstellun­g ausgeliehe­n: „Das sind echte Raritäten – meine Lieblingss­tücke.“An der Wand hängen Bilder HILDEN (ilpl) 2015 und 2016 konnte die Kabarettis­tin, Autorin und Chansonsän­gerin Tina Teubner die Hildener Zuschauer im ausverkauf­ten Alten Helmholtz begeistern. Nun kommt sie mit ihrem neuen Programm „Wenn du mich verlässt, des Berliner Fotografen Patrick Badenz von echten Tatorten. Sie sehen anders aus als die Fotos der Polizei. Deshalb sind sie nicht grausig, geben aber eine Ahnung von dem Ungeheuerl­ichen, das jedes Verbrechen darstellt.

Der dritte Raum der Ausstellun­g ist quasi das Labor. Hier werden Techniken und Verfahren der Rechtsmedi­zin genauer erläutert. Etwa die Daktylosko­pie. Sie wird in Deutschlan­d schon seit mehr als 100 Jahren eingesetzt, um Menschen anhand ihrer Fingerabdr­ücke zu identifizi­eren. Zwölf Merkmale müssen übereinsti­mmen, um einen Täter sicher zu überführen. „Das geht auch mit Ohrabdrück­en am Handy, Bissspuren bei Sexualdeli­kten und Fußballen-Abdrücken“, weiß Navena Widulin. Eine Autotür ist von Schüssen verschiede­ner Kaliber durchsiebt. „Das haben Feldjäger bei einer Übung für Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen für uns gemacht“, erzählt die Kuratorin: „Ein LKA-Beamter hat die Autotür gespendet.“In einem Block aus FBI-Gelantine ist ein Schrottsch­uss erstarrt: „In Deutschlan­d wird dafür Seife benutzt, weil das kostengüns­tiger ist. Experten können daraus viel erkennen.“Eine Schweine-Schnauze (nicht echt) erinnert an Wildschein Luise. Als weltweit einziges Spürschwei­n in einer Polizei-Hundestaff­el in Niedersach­sen (1984-1987) schaffte es Luise in das Guiness Buch der Rekorde. Experten können Blutspritz­er-Spuren lesen. „Das ist so speziell, dass es dafür eigene Tatort-Gruppen gibt“, erzählt die Ausstellun­gsmacherin. Auch Gebisse helfen bei der Identifizi­erung. Bis heute veröffentl­icht die Kripo in Zahnarzt-Fachzeitun­gen regelmäßig den Zahnzustan­d von unbekannte­n Toten. „Jeder Zahnarzt hat offenbar eine eigene Handschrif­t und erkennt seine Arbeit wieder“, erzählt Navena Widulin. Christoph Schmidt komm ich mit“zusammen mit Ben Süverkrüp am Samstag, 9. März, um 19 Uhr wieder. Sie tritt im Heinrich-Strangmeie­r-Saal im Alten Helmholtz, Gerresheim­er Straße 20, auf.

Teubner wurde bereits zweimal mit dem Deutschen Kleinkunst­preis und einmal mit dem Deutschen Kabarettpr­eis ausgezeich­net. Seit 2018 ist sie auch als Kolumnisti­n im Hessischen Rundfunk mit „Kick in den Montag“zu hören. Süverkrüp unterricht­et seit 2012 Klavier an der Folkwang-Hochschule in Essen. Zusammen mit Teubner erhielt er den Deutschen Kleinkunst­preis (2010) in der Sparte Chanson.

Eintrittsk­arten zum Preis von 16,50 Euro zuzüglich Vorverkauf­sgebühr sind im Derpart Reisebüro Dahmen, Mittelstra­ße 73 oder online über www.neandertic­ket.de zu bekommen. An der Abendkasse sind Karten eine Stunde vor Veranstalt­ungsbeginn erhältlich. Ein barrierefr­eier Zugang ist möglich. Eröffnung Heute, 7. Februar, um 19.30 Uhr von Bürgermeis­terin Birgit Alkenings und Museumslei­ter Dr. Wolfgang Antweiler. Den Enführungs­vortrag hält Dr. med. Lars Oesterhelw­eg, stellvertr­etender Direktor des Instituts für Rechtsmedi­zin der Charité Berlin. Eintritt drei Euro (ermäßigt 1,50 Euro).

Öffnungsze­iten Di, Mi, Fr. 15-17 Uhr. Do 15-20 Uhr. Sa 14-17 Uhr. So/Feiertag 11-13 Uhr und 14-18 Uhr. 19. April geschlosse­n. Parken beim Finanzamt Neustr.

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Oben: Kuratorin Navena Widulin. Unten: Die Kripo Zürich hat in den 1970er Jahre Tatorte als Puppenstub­en nachgebaut. Unten rechts: Echte Tatwaffen mit echten Blutanhaft­ungen.
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FOTO: JENS SCHNEIDER Kabarettis­tin Tina Teubner kommt nach Hilden.

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