Baugruppe schafft sich ein Haus in Flingern
Wie sich eine Gruppe von Menschen zusammentut, um gemeinsam den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen.
Der Bau eines Einfamilienhauses bietet größtmögliche Entscheidungsfreiheit, der Kauf einer fertig geplanten Eigentumswohnung dagegen größtmögliche Bequemlichkeit. Irgendwo dazwischen und doch wieder ganz anders ist es, mit einer Baugruppe den Traum von den eigenen vier Wänden anzugehen. „Das Besondere daran ist sicherlich, dass man etwas gemeinschaftlich tut“, sagt Christopher Richert. Er ist Sprecher einer Baugruppe, die aktuell an der Rosmarinstraße in Flingern zwei Mehrfamilienhäuser errichtet – und dabei immer wieder lernt, gemeinsam zu entscheiden, miteinander zu diskutieren, zusammen Probleme zu lösen. Wenn irgendwann alle einziehen, werden sich die Nachbarn nicht erst einzeln einander vorstellen müssen, ehe sie sich Zucker voneinander leihen. Immerhin kennen sie die Finanzierungspläne der anderen, deren Geschmack bei Badfliesen und wohl auch deren emotionale Belastbarkeit, wenn es mal nicht so läuft.
„Diese Art zu bauen, ist natürlich nicht jedermanns Sache“, berichten die Vorstandsmitglieder der Baugruppe Christopher Richert, Daniel Baltha und Tadeusz Skierawski: „Wer einfach nur eine Wohnung kaufen und mit nichts etwas zu tun haben will, der wäre bei uns falsch gewesen. Man muss sich auch einbringen wollen.“Und so wurden in der Planungsphase auch diejenigen Bewerber gar nicht erst zurückgerufen oder eingeladen, die in ihrer Anfrage kaum mehr als den Endpreis je Quadratmeter wissen wollten. Den kennt übrigens von den anderen auch noch keiner so richtig – kleine Überraschungen gehören beim Bauen eben dazu.
Und auch regelmäßige Absprachen: Beinahe wöchentlich kommen die Bauherren nach wie vor zusammen, um die neuesten Entwicklungen zu diskutieren. „Bin ich bereit, eigenverantwortlich Gruppenaufgaben zu übernehmen?“, stand als Frage schon im ursprünglichen Projekt-Flyer, und das hatte seinen Grund. Im Gegenzug gibt es dafür reichlich Wir-Gefühl und eben das Grundstück, das die Stadt Düsseldorf der Gemeinschaft für „familienfreundliches und gemeinschaftsförderndes Bauen“zu guten Konditionen überlassen hat.
Die Bedingung der Stadt war, dass hier nicht spekulativ und mit Gewinnstreben gebaut wird – keiner der Eigentümer darf seine Wohnung in den kommenden zehn Jahren weiterverkaufen oder vermieten. Als Vorteile solcher Modelle gilt, dass die Mitglieder im Gegensatz zu einem fertigen Kauf über jedes einzelne Bauteil und das Material selbst entscheiden können – und, wenn Handwerker dabei sind, sogar per Eigenleistung sparen. Passende Grundstücke und passende Umstände sind allerdings so begehrt wie selten, wie der Initiator der Baugruppe, Marian Mizera, zu berichten weiß. Schon seit Jahren habe er auf diese Weise bauen wollen – jetzt freut er sich, dass es endlich klappt und das Projekt möglicherweise Vorbild für andere Zusammenschlüsse von Bauherren sein kann.
Insgesamt 14 Wohneinheiten von 81 bis 105 Quadratmetern entstehen in der Sackgasse in guter Wohnlage im Stadt-Osten, Supermärkte und eine Drogerie, Restaurants, Kneipen und eine U-Bahn-Anbindung gibt es in Laufweite. Das gefällt fast jedem, entsprechend bunt gemischt ist die Hausgemeinschaft. Es ziehen Paare ein, ältere wie jüngere, und Familien mit Kindern und Singles mit Familienplanung aus unterschiedlichen Berufsgruppen, einige lebten vorher in Düsseldorf, andere pendeln aktuell noch.
Eine zusätzliche Wohnung wird der kompletten Gemeinschaft zur Verfügung stehen (auch eine Vorschrift der Stadt), da werden sie wohl die künftigen Eigentümerversammlungen machen. „Und vielleicht auch mal eine Feier“, sagen sie. Zwar soll es keinen Zwang zur Gemeinschaft geben, aber ein freundlicher Austausch, so stellen es sich die meisten vor, wird auch nach der Bauphase bleiben.
Den Grundstein gelegt hat die Baugruppe schon an einem warmen Sommertag Ende August. Wo große Bau-Investoren entsprechend große Partys feiern, ging es hier so fröhlich wie unprätentiös zu – jeder Ortstermin ist eben auch dazu da, weitere Absprachen zu treffen. Wann wird welcher Bauzaun aufgebaut, wann rücken welche Bagger an, wie geht es weiter? Dazwischen Vorfreude beim Blick über das Gelände, „ist hier jetzt ungefähr dein Wohnzimmer oder meins?“Begleitet werden die Demnächst-Eigenheimbesitzer von Bauleiterin Mareike Schnitter sowie den Architektinnen Yvonne Schilling und Svenja Blumenhofer, die da helfen, wo echte Bau-Expertise gefragt ist.
Zwischendurch wurde bei der Prüfung des Grundstücks mal eine alte Weltkriegsbombe auf dem Gelände verortet, das stellte sich aber als falsch heraus. Als Einzugstermin ist das erste Quartal 2020 vorgesehen. Das wären noch etwa 45 wöchentliche Treffen.
Mehr Infos
zu unserem Projekt „Wem gehört Düsseldorf“gibt es unter https://interaktiv.rp-online.de/ig/wem-gehoert-duesseldorf/