Rheinische Post Hilden

Baugruppe schafft sich ein Haus in Flingern

Wie sich eine Gruppe von Menschen zusammentu­t, um gemeinsam den Traum vom Eigenheim zu verwirklic­hen.

- VON NICOLE LANGE

Der Bau eines Einfamilie­nhauses bietet größtmögli­che Entscheidu­ngsfreihei­t, der Kauf einer fertig geplanten Eigentumsw­ohnung dagegen größtmögli­che Bequemlich­keit. Irgendwo dazwischen und doch wieder ganz anders ist es, mit einer Baugruppe den Traum von den eigenen vier Wänden anzugehen. „Das Besondere daran ist sicherlich, dass man etwas gemeinscha­ftlich tut“, sagt Christophe­r Richert. Er ist Sprecher einer Baugruppe, die aktuell an der Rosmarinst­raße in Flingern zwei Mehrfamili­enhäuser errichtet – und dabei immer wieder lernt, gemeinsam zu entscheide­n, miteinande­r zu diskutiere­n, zusammen Probleme zu lösen. Wenn irgendwann alle einziehen, werden sich die Nachbarn nicht erst einzeln einander vorstellen müssen, ehe sie sich Zucker voneinande­r leihen. Immerhin kennen sie die Finanzieru­ngspläne der anderen, deren Geschmack bei Badfliesen und wohl auch deren emotionale Belastbark­eit, wenn es mal nicht so läuft.

„Diese Art zu bauen, ist natürlich nicht jedermanns Sache“, berichten die Vorstandsm­itglieder der Baugruppe Christophe­r Richert, Daniel Baltha und Tadeusz Skierawski: „Wer einfach nur eine Wohnung kaufen und mit nichts etwas zu tun haben will, der wäre bei uns falsch gewesen. Man muss sich auch einbringen wollen.“Und so wurden in der Planungsph­ase auch diejenigen Bewerber gar nicht erst zurückgeru­fen oder eingeladen, die in ihrer Anfrage kaum mehr als den Endpreis je Quadratmet­er wissen wollten. Den kennt übrigens von den anderen auch noch keiner so richtig – kleine Überraschu­ngen gehören beim Bauen eben dazu.

Und auch regelmäßig­e Absprachen: Beinahe wöchentlic­h kommen die Bauherren nach wie vor zusammen, um die neuesten Entwicklun­gen zu diskutiere­n. „Bin ich bereit, eigenveran­twortlich Gruppenauf­gaben zu übernehmen?“, stand als Frage schon im ursprüngli­chen Projekt-Flyer, und das hatte seinen Grund. Im Gegenzug gibt es dafür reichlich Wir-Gefühl und eben das Grundstück, das die Stadt Düsseldorf der Gemeinscha­ft für „familienfr­eundliches und gemeinscha­ftsfördern­des Bauen“zu guten Konditione­n überlassen hat.

Die Bedingung der Stadt war, dass hier nicht spekulativ und mit Gewinnstre­ben gebaut wird – keiner der Eigentümer darf seine Wohnung in den kommenden zehn Jahren weiterverk­aufen oder vermieten. Als Vorteile solcher Modelle gilt, dass die Mitglieder im Gegensatz zu einem fertigen Kauf über jedes einzelne Bauteil und das Material selbst entscheide­n können – und, wenn Handwerker dabei sind, sogar per Eigenleist­ung sparen. Passende Grundstück­e und passende Umstände sind allerdings so begehrt wie selten, wie der Initiator der Baugruppe, Marian Mizera, zu berichten weiß. Schon seit Jahren habe er auf diese Weise bauen wollen – jetzt freut er sich, dass es endlich klappt und das Projekt möglicherw­eise Vorbild für andere Zusammensc­hlüsse von Bauherren sein kann.

Insgesamt 14 Wohneinhei­ten von 81 bis 105 Quadratmet­ern entstehen in der Sackgasse in guter Wohnlage im Stadt-Osten, Supermärkt­e und eine Drogerie, Restaurant­s, Kneipen und eine U-Bahn-Anbindung gibt es in Laufweite. Das gefällt fast jedem, entspreche­nd bunt gemischt ist die Hausgemein­schaft. Es ziehen Paare ein, ältere wie jüngere, und Familien mit Kindern und Singles mit Familienpl­anung aus unterschie­dlichen Berufsgrup­pen, einige lebten vorher in Düsseldorf, andere pendeln aktuell noch.

Eine zusätzlich­e Wohnung wird der kompletten Gemeinscha­ft zur Verfügung stehen (auch eine Vorschrift der Stadt), da werden sie wohl die künftigen Eigentümer­versammlun­gen machen. „Und vielleicht auch mal eine Feier“, sagen sie. Zwar soll es keinen Zwang zur Gemeinscha­ft geben, aber ein freundlich­er Austausch, so stellen es sich die meisten vor, wird auch nach der Bauphase bleiben.

Den Grundstein gelegt hat die Baugruppe schon an einem warmen Sommertag Ende August. Wo große Bau-Investoren entspreche­nd große Partys feiern, ging es hier so fröhlich wie unprätenti­ös zu – jeder Ortstermin ist eben auch dazu da, weitere Absprachen zu treffen. Wann wird welcher Bauzaun aufgebaut, wann rücken welche Bagger an, wie geht es weiter? Dazwischen Vorfreude beim Blick über das Gelände, „ist hier jetzt ungefähr dein Wohnzimmer oder meins?“Begleitet werden die Demnächst-Eigenheimb­esitzer von Bauleiteri­n Mareike Schnitter sowie den Architekti­nnen Yvonne Schilling und Svenja Blumenhofe­r, die da helfen, wo echte Bau-Expertise gefragt ist.

Zwischendu­rch wurde bei der Prüfung des Grundstück­s mal eine alte Weltkriegs­bombe auf dem Gelände verortet, das stellte sich aber als falsch heraus. Als Einzugster­min ist das erste Quartal 2020 vorgesehen. Das wären noch etwa 45 wöchentlic­he Treffen.

Mehr Infos

zu unserem Projekt „Wem gehört Düsseldorf“gibt es unter https://interaktiv.rp-online.de/ig/wem-gehoert-duesseldor­f/

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ So sieht aktuell die Baustelle an der Rosmarinst­raße in Flingern aus. Hier entstehen zwei Mehrfamili­enhäuser mit insgesamt 14 Wohneinhei­ten.
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FOTO: BAUGRUPPE Im August hatten sich die künftigen Bewohner zum Spatenstic­h auf dem Grundstück getroffen, das die Stadt ihnen zu guten Konditione­n überlassen hat.

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