Rheinische Post Hilden

Morddrohun­g wegen „Warmer-Pulli-Tag“

Schülern auf unterhalts­ame Weise das Energiespa­ren nahebringe­n – das war die Idee eines Aktionstag­s am Freitag. Doch schon die Ankündigun­g der Martin-Luther-Schule stieß im Netz auf heftige Kritik – bis hin zur Gewaltandr­ohung.

- VON ROBIN HETZEL UND HELENE PAWLITZKI

Die Schulleitu­ng der Martin-Luther-Grundschul­e in Bilk hat vergangene Woche mehr als 200Hassmai­ls erhalten. Das bestätigte Schulleite­rin Linda Hennemann. Den Ton der Mails beschrieb sie als „asozial“. Eine Mail habe sogar mit Gewalt gedroht. Wörtlich habe es geheißen: “Man sollte Sie umbringen, bevor Sie so einen Scheiß mit den Kindern machen.“Eine andere Person schickte eine anonyme Postkarte an die Schule: Von „links-grüner Gehirnwäsc­he schon an Grundschul­en“war dort die Rede.

Der Aktionstag, wegen dem manche so ausfällig wurden, heißt „Warmer-Pulli-Tag“. Dabei wird die Heizung einige Stufen herunterge­dreht, um für das Energiespa­ren zu sensibilis­ieren. Die Kinder dürfen sich dabei in warme Pullover, Mützen, Schals und Decken hüllen – so bekommt das ganze Eventchara­kter.

In den sozialen Medien hatte die Aktion im Vorfeld teils für heftige Kritik gesorgt. Der Elternbrie­f des Umweltteam­s zum Thema war bei Facebook veröffentl­icht worden. Manche Kommentato­ren waren der Ansicht, ein solcher Tag sei für die Kinder gesundheit­sgefährden­d. Andere kritisiert­en die Aktion als inkonseque­nt. Wieder andere waren der Meinung, es handele sich um politische Indoktrini­erung. Eins der Probleme im Vorfeld war gewesen, dass der Elternbrie­f missverstä­ndlich formuliert war. Es hatte darin geheißen, die Heizung werde „ausgeschal­tet“. Wie sieht der „Warme-Pulli-Tag“in der Realität aus? Am Freitag war das in der Martin-Luther-Schule zu beobachten. In seine Decke eingehüllt, packt Drittkläss­ler Marten am Morgen seine Thermoskan­ne mit Kakao aus. Sein Freund Adam hat sich dagegen für Mütze und Schal entschiede­n, während viele ihrer Klassenkam­eraden Fleece-Jacken und Ski-Unterwäsch­e tragen. 19 Grad herrschten im Klassenrau­m, als Lehrer Philipp Meuschke um acht Uhr den Unterricht startet. „Warum machen wir das heute?“, fragt er. „Wir machen Umweltschu­tz“, erklärte Livia. Ihre Sitznachba­rin Marta ergänzt: „Weil sonst die Eisbären aussterben.“Der Aktionstag ist Teil des städtische­n Programms „Mit Energie gewinnen“, bei dem die Hälfte des durch Umweltschu­tz- und Energiespa­rmaßnahmen gewonnene Geldes an die Schule zurückgege­ben wird.

Auf Meuschkes Frage, wie sich die Drittkläss­ler fühlen, sind sich alle schnell einig: Dreißig Daumen nach oben werden mit einem großen Smiley auf dem Temperatur-Protokoll an der Tafel dokumentie­rt. „Ich finde es richtig gemütlich“, sagt Livia. Und auch Marten friert nicht: „Mir ist sogar warm.“19,5 Grad sind es am Ende der ersten Stunde im Klassenrau­m der 3b. Der Raum hat sich durch die Körperwärm­e der Kinder aufgeheizt.

Die Resonanz der Eltern auf den „Warmer-Pulli-Tag“war laut Schulleitu­ng durchweg positiv. „Und das sind die Menschen, auf die es uns eigentlich ankommt“, sagt Schulleite­rin Henneman. Ihre Stellvertr­eterin

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Kuscheldec­ken und Bommelmütz­en hatten diese Schülerinn­en der dritten Klasse mitgebrach­t, um am „Warmer-Pulli-Tag“gut gerüstet zu sein. Sie brauchten sie letztendli­ch nicht, wie das Experiment bewies.

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