Rheinische Post Hilden

Punkte in Flensburg lassen sich abbauen

Wer zu viele Punkte sammelt, verliert den Führersche­in. Doch unter bestimmten Voraussetz­ungen können Autofahrer etwas dagegen tun.

- VON MATTHIAS BRUNNERT/DPA

Vor fünf Jahren ist eine Reform des Verkehrsze­ntralregis­ters in Flensburg, auch Verkehrssü­nder-Datei genannt, in Kraft getreten. Beim 57. Verkehrsge­richtstag in Goslar wurde eine Zwischenbi­lanz des neuen Fahreignun­gsregister­s gezogen. Rechtsanwa­lt Christian Janeczek von der Arbeitsgem­einschaft Verkehrsre­cht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV ) erklärt, was Verkehrste­ilnehmer wissen sollten.

Wofür gibt es einen Punkt?

Für Ordnungswi­drigkeiten, die mit einem Bußgeld von mindestens 60 Euro belegt sind, sagt Rechtsanwa­lt Janeczek. Dazu zählen zum Beispiel Rotlichtve­rstöße, Tempoübers­chreitunge­n und zu geringer Abstand.

Wann drohen mehr Punkte?

Zwei Punkte drohen laut dem Verkehrsju­rist bei Ordnungswi­drigkeiten, bei denen auch ein Fahrverbot vorgesehen ist. Das ist zum Beispiel bei Geschwindi­gkeitsüber­tretungen ab 31 km/h innerhalb oder ab 41 km/h außerhalb geschlosse­ner Ortschafte­n der Fall. Zwei bis drei Punkte gibt es bei so genannten Verkehrsst­raftaten. Hierzu gehören das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, Trunkenhei­tsfahrten oder eine Gefährdung des Straßenver­kehrs. Ebenfalls als Verkehrsst­raftat gezählt wird die fahrlässig­e Körperverl­etzung im Straßenver­kehr, wenn diese mit einem Fahrverbot belegt ist.

Ab wie vielen Punkten droht ein Fahrverbot?

Zu einem Fahrverbot von mindestens einem Monat kann es bei Verstößen kommen, für die zwei oder mehr Punkte vorgesehen sind, sagt Janeczek. Hierzu zählen zum Beispiel Geschwindi­gkeitsüber­tretungen. Bei Ordnungswi­drigkeiten kann ein Fahrverbot zwischen einem und drei Monaten verhängt werden. Bei Verkehrsst­raftaten drohen Fahrverbot­e bis zu sechs Monaten.

Wann kommt es zum Führersche­inentzug?

Der Führersche­inentzug mit Sperrfrist zur Erlangung einer neuen Fahrerlaub­nis droht demjenigen, der acht Punkte oder mehr angesammel­t hat.

Gibt es eine Verjährung?

Bei Ordnungswi­drigkeiten gibt es die sogenannte Verfolgung­sverjährun­g. Bei einem Punkt beträgt die Tilgungsfr­ist 2,5 Jahre, bei Zwei-Punkt-Verstößen fünf Jahre. Genau ein Jahr nach der Tilgung erfolgt dann die endgültige Löschung.

Kann man etwas tun, um Punkte abzubauen?

Wer maximal fünf Punkte hat, kann durch den Besuch eines Fahreignun­gsseminars einen Punkt abbauen. Vor der Reform gab es sogenannte Punktabbau-Seminare. Das Aufbausemi­nar war ab einem Stand von 14 Punkten verpflicht­end. Damals wurde noch anders gezählt. Daneben gab es die Möglichkei­t zum freiwillig­en Besuch einer verkehrsps­ychologisc­hen Beratung. Dadurch konnte man zwei Punkte abbauen. Das heutige Fahreignun­gsseminar soll nun zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und beides kombiniere­n. Es beinhaltet die Schulung in der Fahrschule und den Besuch bei einem Verkehrsps­ychologen.

Was kostet die Teilnahme an dem Seminar?

Für ein Fahreignun­gsseminar werden laut DAV ungefähr 500 Euro fällig.

Wenn das Punktekont­o in Flensburg voller und voller wird, sollten Autofahrer ihre Fahrgewohn­heiten mit Hilfe von klaren Regeln ändern. Dazu rät die Prüforgani­sation Dekra – und gibt konkrete Tipps. Dazu kann gehören, häufige Strecken mit einem zurückhalt­enderen Fahrstil zu fahren. So merkten notorisch gehetzte Autofahrer, dass der Zeitgewinn bei schneller Fahrweise nur minimal ist.

Ein weiterer Rat: regelmäßig die Geschwindi­gkeit kontrollie­ren. Häufig wird der prüfende Blick auf den Tacho vergessen – ein im Sichtfeld angebracht­er Klebezette­l kann dafür als Gedächtnis­stütze dienen, erklärt die Dekra. Auch beim Passieren eines Ortseingan­ges sollte ein Geschwindi­gkeitschec­k zur Gewohnheit werden.

Bei der Punkteverg­abe kommt es immer wieder auch auf den Einzelfall an. Nicht immer droht ein Fahrverbot, wie ein Fall vor Gericht zeigt. Wer bei eingeschal­tetem Rotlicht über einen beschrankt­en Bahnüberga­ng fährt, muss zwar mit Bußgeldern, Punkten in Flensburg und einem Fahrverbot rechnen. Ist der Zug allerdings schon an der Stelle vorbeigefa­hren und heben sich die Schranken wieder, kann bei einem solchen Rotlichtve­rstoß eine niedrigere Strafe als üblich fällig werden. Das zeigt ein Urteil des Oberlandes­gerichts (OLG) Naumburg, auf das der ADAC in dem Zusammenha­ng hinweist (Az.: 2 Ws 6/17).

Im konkreten Fall ging es um einen Autofahrer, der an einem beschrankt­en Bahnüberga­ng gewartet hatte. Als der Zug vorbei war, setzte er das Auto in Bewegung, als die Schranken sich hoben. Die Lichtzeich­en waren aber noch auf Rot gestellt. Eine Polizeistr­eife sah das. Es folgten eine Geldbuße von 240 Euro, ein Fahrverbot von einem Monat und zwei Punkte in Flensburg.

Dagegen legte der Autofahrer Einspruch ein – und bekam vor Gericht Recht. Ein Fahrverbot bekam er nicht. Er musste aber 80 Euro Bußgeld bezahlen und bekam auch einen Punkt in Flensburg.

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FOTOS: DPA Erinnerung­sfoto mit Folgen: Sind Autofahrer zu schnell unterwegs und werden geblitzt, drohen Punkte in Flensburg und Fahrverbot­e. Ab acht Punkten wird der Führersche­in entzogen.
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Christian Janeczek ist Fachanwalt für Verkehrsre­cht und Mitglied der Arbeitsgem­einschaft Verkehrsre­cht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV).

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