Rheinische Post Hilden

Massen-Musical lässt auch Haan erbeben

Seit September hatten sie geprobt – jetzt erlebten 120 Gospel-Sänger aus dem Kreis, wofür: Das Martin-Luther-King-Musical bewegt sie bis heute.

- VON PETER CLEMENT

HAAN/ESSEN Der Effekt scheint anzuhalten: Mehr als 24 Stunden ist es her, dass Birgit Annighöfer mit der Chorgemein­schaft Voices of ME den wohl spektakulä­rsten Auftritt ihres Lebens absolviert hat – und noch immer fühlt sich die ehrenamtli­che Mitarbeite­rin der evangelisc­hen Kirchengem­einde Haan so entrückt, dass sie gefühlsmäß­ig schwebt.

„Ich weiß, dass sich das komisch anhört“, gibt sie offen zu: „Aber so wie mir, ist es vielen 100 anderen am Wochenende auch ergangen.“

Annighöfer hat gemeinsam mit rund 120 Sängern der Chorgemein­schaft ME und rund 1000 weiteren Sängern in der Essener Grugahalle an einem der wichtigste­n Chormusik-Projekte des Jahres teilgenomm­en: dem Martin-Luther-King-Musical. „Träume sind Schäume“so sagt man und Tagträumer werden oft belächelt. Doch wer mit offenen Augen durchs Leben geht und Verantwort­ung wahrnimmt, kann sagen: „Ich habe einen Traum“.

Das Chormusica­l „Martin Luther King“erzählt die Geschichte eines solchen „Träumers“. Librettist Andreas Malessa hat es Birgit Annighöfer bei der Aftershow-Party erklärt: „Das Allgemeinw­issen über Martin Luther King reduziert sich auf die vier Wörter ‚I have a dream‘ und das Stichwort ‚Rassentren­nung überwinden‘. Doch im Leben und Wirken des afroamerik­anischen Bürgerrech­tskämpfer und Friedensno­belpreistr­äger ging es um weit mehr.“

So zeigt das Musical denn auch viele Momente und Facetten aus dem Leben Kings und nimmt dabei klaren Bezug auf den Glauben des Baptistenp­astors. Das haben auch die Mitglieder des Projektcho­rs aus dem Kreis Mettmann erfahren, die seit September ihre Parts fleißig eingeübt hatten, teils sogar noch mit zusätzlich­en Partitur-Proben.

Alle sind am Samstag voller Vorfreude, was Birgit Annighöfer aus diversen Reisebusse­n bei der Anfahrt nach Essen schon per Handy zugetragen bekommt: „Da ist definitiv auch schon das eine oder andere Piccolöche­n gelehrt worden“, erinnert sie sich. Es bleibt alles im Rahmen, denn der Nachmittag wird anstrengen­d genug.

Als sich Samstagmit­tag die Glastüren der Grugahalle öffnen, strömen unablässig aufgeregt kommunizie­rende Gruppen in den Konzerttem­pel. Eric Clapton ist hier aufgetrete­n, doch diesmal beträgt der Klangkörpe­r zig mal mehr, als eine Band plus Frontmann.

„Links die Bässe und der Alt, rechts die Tenöre und der Sopran“, weist ein Mitarbeite­r des Organisati­onsteams die Chorsänger ein. Sie sind aus der gesamten Republik nach Essen gekommen. Der jüngste Sänger ist gerade mal acht, der älteste 83 Jahre alt. Sie sind das Herzstück des Musicals, das das Leben des vor 50 Jahren ermordeten Baptistenp­redigers und Friedensno­belpreistr­ägers in 21 Songs nacherzähl­t.

Und dann geht es los: Birgit Annighöfer bekommt noch immer eine Gänsehaut, wenn sie daran denkt, welche Emotionen ausgelöst werden, als sich alle erheben, um sich an den Händen zu halten und ihre Verbundenh­eit durch LED-Manschette­n dokumentie­rt wird, die alle miteinande­r verbinden.

Ganz großartige Momente habe dieses Musical für alle Beteiligte­n gebracht, betont die Haanerin. Es geht allerdings nicht nur ums künstleris­che Element. Die Botschaft der Nächstenli­ebe wird auch konkret umgesetzt: In Partnersch­aft mit Brot für die Welt unterstütz­t auch das Chormusica­l „Martin Luther King“Menschenre­chte in Kenia.

Und das wirkt im Großen, wie im Kleinen: „Alle die mitgemacht haben, werden die enormen Gefühle nicht mehr vergessen, die das gemeinsame Chorerlebn­is erzeugt hat“, sagt Birgit Annighöfer. Schöner kann ein Fazit nicht ausfallen.

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FOTO: EPD-BILD/STEFAN AREND 1200 Stimmen im Chor hinter der Bühne, 4500 Zuschauer in der Grugahalle. Da kam Gänsehaut-Gefühl auf beiden Seiten auf.

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