Rheinische Post Hilden

Atempause für Berlin

- VON MARTIN BEWERUNGE

Seit 2010 sind Grenzwerte für die Belastung der Luft allen EU-Mitgliedst­aaten bekannt. Zudem sind mehr als drei Jahre seit der Aufdeckung des VW-Abgasskand­als vergangen. Es waren verlorene Jahre, denn ein entschiede­nes Vorgehen gegen die mangelhaft­e Luftqualit­ät in vielen Städten wurde kaum erkennbar. Anstatt die Autoherste­ller frühzeitig in die Pflicht zu nehmen, damit sie sauberere Motoren bauen, hat es die Bundesregi­erung zugelassen, dass Diesel-Fahrer der Bannstrahl von Fahrverbot­en traf. Ein Armutszeug­nis für das Land der Dichter und Fahrzeugle­nker.

Auch der Streit, wie viel Dreck nun schädlich ist, brachte mehr Lähmung als Lösung. In Wahrheit offenbart das, was Berlin in Brüssel herausgesc­hlagen hat, das ganze Versagen vorausscha­uender Politik. Eine Überschrei­tung des Grenzwerts für Stickoxid um zehn Mikrogramm klingt zwar nicht dramatisch, und tatsächlic­h nimmt dies zunächst etwas Druck aus der im wahrsten Sinne des Wortes verfahrene­n Situation. Aber mehr als eine Atempause ist es nicht – Atem holen bleibt vielerorts riskant.

Wenigstens gibt es Hoffnung, dass zunehmende E-Mobilität im Stadtverke­hr und noch schärfere Abgasvorsc­hriften für Verbrenner in naher Zukunft für weniger dicke Luft sorgen werden. Im Moment wird sie dadurch weiter verpestet, dass der Fisch vom Kopf her stinkt.

BERICHT BRÜSSEL HILFT BERLIN, TITELSEITE

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