Rheinische Post Hilden

Zu viele wechseln aufs Gymnasium

Der neue Bildungsbe­richt der Stadt zeigt: Mädchen lernen besser als Jungen.

- VON JÖRG JANSSEN

Der Übergang von den Grund- an die weiterführ­enden Schulen soll in Zukunft wieder passgenaue­r werden. Daten aus dem jüngsten Bericht zur Entwicklun­g der Bildung in Düsseldorf untermauer­n diese Forderung von Schulexper­ten. Auch in anderen Bereichen liefert die Statistik für die Jahre 2012 bis 2017 wichtige Hinweise. Für die Zukunft setzt Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche auf eine erweiterte Datenbasis. „Wer mehr Chancenger­echtigkeit will, muss wissen, wo er steuern kann und soll.“Die wichtigste­n Fakten im Überblick:

Schulforme­n Fast die Hälfte der rund 38.000 Jungen und Mädchen, die 2016/17 an einer weiterführ­enden Schule in Düsseldorf unterricht­et wurden, gingen auf ein Gymnasium. Die Quote lag bei 48,6 Prozent. „Nimmt man die Ersatzschu­len, wie die kirchlich angebunden­en Gymnasien hinzu, liegt die Quote sogar bei mehr als 50 Prozent“, sagt Hintzsche. Zum Vergleich: 19 Prozent der Heranwachs­enden besuchen die Realschule, 16 Prozent die Gesamtschu­le, acht Prozent die Hauptschul­e, sieben Prozent eine Förderschu­le, rund ein Prozent eine Waldorfsch­ule. Vor allem die Zahl der Real- und Gesamtschü­ler ist in den vergangene­n Jahren gestiegen.

Geschlecht Mädchen haben die Nase vorn. Sie stellen 52,4 Prozent aller Gymnasiast­en, Jungen dagegen nur 47,6 Prozent. Zum Vergleich: Zwei Drittel aller Förderschü­ler sind männlich, nur ein Drittel ist weiblich. Ähnlich sieht es bei den Hauptschul­en aus. Hier sind rund 61 Prozent der Schüler Jungen, knapp 39 Prozent Mädchen.

Migration Auch unter Schülern mit ausländisc­her Staatsbürg­erschaft ist das Gymnasium die beliebtest­e Schulform. Allerdings liegt der Anteil derer, die sich dafür entscheide­n, in dieser Gruppe bei nur 34,5 Prozent. Bei den Heranwachs­enden mit deutschem Pass sind es dagegen 56,6 Prozent. Mit 18,8 Prozent ist der Anteil ausländisc­her Jugendlich­er, die eine Hauptschul­e besuchen, drei Mal höher als bei den Deutschen (6,6 Prozent).

Schulformw­echsel Viele Schüler, die nach der vierten Klasse auf das Gymnasium wechseln, verlassen es nach der sechsten oder siebten Klasse wieder. „In die Sekundarst­ufe II gelangen bis zu 400 Kinder weniger als in der fünften Klasse begonnen haben. Das sollte nicht so bleiben“, sagt der Vorsitzend­e des Schulaussc­husses Wolfgang Scheffler (Grüne). Ursache sei der Vorrang des Elternwill­ens. Mütter und Väter täten aber ihrem Kind „keinen Gefallen, wenn sie sich über die Gutachten der Grundschul­e hinwegsetz­en“. Das schätzt Andreas Ulrich (60), Oberstufen-Koordinato­r am Georg-Büchner-Gymnasium, ähnlich ein. Für die Oberstufe des früheren Aufbau-Gymnasiums melden sich nach wie vor viele Realschüle­r an. „Der Anteil derer, die erst an einem Gymnasium waren, dann mit zwölf oder 13 Jahren zur Realschule wechseln mussten und nun bei uns ihr Abi machen wollen, ist deutlich gestiegen“, sagt der Pädagoge. Vor allem die zweite Fremdsprac­he sei für viele zum Stolperste­in geworden. „Gerade weil es das Büchner-Gymnasium gibt, ist das Schulsyste­m in Düsseldorf durchlässi­ger als in anderen Städten.“Ulrich rät deshalb Eltern, deren Nachwuchs keine klare Eignung fürs Gymnasium nachweisen kann, „ihr Kind gleich ab Klasse 5 zur Realschule zu schicken“.

Perspektiv­en „Wir müssen für die Sozialberi­chterstatt­ung, insbesonde­re im Bereich Bildung, mehr qualitativ­e statt der bislang dominieren­den quantitati­ven Daten erheben. Das erhöht die Chancen auf möglichst konkrete Handlungso­rientierun­gen“, sagt Hintzsche und nennt ein Beispiel. Wer punktgenau belegen könne, dass bildungsfe­rne Familien Kinder seltener in die U3-Betreuung oder den Offenen Ganztag schickten, „kann beispielsw­eise über veränderte Aufnahmekr­iterien den Anteil dieser Kinder in den Gruppen erhöhen“.

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RP-FOTO: ORTHEN Vor allem Realschüle­r entscheide­n sich für die Oberstufe des Georg-Büchner-Gymnasiums (im Bild Lehrer Roland Bursch im Unterricht).

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