Warum sich Sparen immer lohnt
Niedrigzinsen sind kein Grund, das Sparen einzustellen. Und umgekehrt gibt es durchaus noch Renditechancen.
DÜSSELDORF Es gibt Sprichwörter, die werden uns in der Kindheit von den Eltern eingeimpft und hängen uns schon im selben Moment zum Hals heraus. Dazu gehört der Satz „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“Für einen Teenie gibt es kaum Schrecklicheres als Konsum-Askese. Der Sinn des Sparens und die Einsicht, dass Vater und Mutter wie so oft Recht hatten, erschließen sich erst später.
Das Sprichwort ist nichts anderes als der allzeit hochaktuelle Hinweis auf die Dringlichkeit von Vorsorge. Heute auf Konsumwünsche zu verzichten, um morgen noch bestimmte Bedürfnisse befriedigen zu können, gehört zu den finanziellen Errungenschaften der Menschheit. Selbstverantwortung tritt zumindest zum Teil an die Stelle, an der uns ansonsten allein der Staat versorgen würde, über das Sozialsystem, in das wir Jahrzehnte eingezahlt haben, oder über die Alimentierung. Wer für sich und/ oder für seine Nachkommen spart, tut dies in dem Bewusstsein, für schlechte Zeiten vorzusorgen und als Rentner nicht ausschließlich auf den Staat angewiesen zu sein. Insofern ist Sparen in – auf ewig. Eine Erkenntnis, die durch die jüngste, von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angestoßene Diskussion um die Mindestrente wieder ins Blickfeld gerückt worden ist.
Zudem hilft Sparen der Volkswirtschaft: Der Sparer trägt sein Geld zur Bank. Die verleiht es beispielsweise an Unternehmen, die investieren und Jobs schaffen, oder an Investoren, die Immobilien kaufen oder bauen und damit Wohnraum für Dritte schaffen. Wieder andere bauen oder erwerben mit Hilfe von Krediten der Banken eigene Häuser oder Wohnungen und verschaffen sich auf Dauer, spätestens im Alter, eine größere finanzielle Freiheit, die höheren Konsum erst möglich macht. Wer also die im internationalen Vergleich relativ hohe Sparquote der Deutschen von um die zehn Prozent beklagt, verkennt deren Bedeutung für das gesellschaftliche Gemeinwohl. Ganz abgesehen davon, dass in einer (jedenfalls noch) boomenden Volkswirtschaft wie der deutschen der Konsum selbst bei einer fast zweistelligen Sparquote immer noch eine Konjunkturstütze sein kann.
Die meisten Deutschen haben jedenfalls begriffen, dass Sparen nicht nur ein Investment in der Hochzinsphase bedeutet. Dass die Europäische Zentralbank seit Jahren faktisch alles tut, um das Sparen aus Sicht der Sparer unattraktiv zu machen, indem sie über niedrige Zinsen versucht, den Konsum und die Investitionen anzuheizen, darf auch niemanden darüber hinwegtäuschen, dass Sparen auch ohne attraktive Verzinsung Sinn macht. Eigentlich sogar erst recht, denn in Zeiten hoher Zinsen vermehrt sich das Vermögen ja automatisch, während man, je niedriger der Zins ist, umso mehr für das Alter zurücklegen muss.
Also, liebe Bürger: Spart, was das Zeugt hält! Nur wie? Fest steht: Der Großteil der Deutschen spart immer noch falsch. Er orientiert sich – was zunächst nicht falsch ist – an drei wesentlichen Kriterien: Das Geld soll möglichst sicher vor dem Verlust sein, es soll möglichst jederzeit verfügbar sein, und es soll möglichst rentierlich angelegt sein. Das funktioniert aber in der Regel in diesem Dreiklang nicht, weil zumindest große Sicherheit und hohe Verzinsung sich meist ausschließen.
Trotz ihrer Risikoscheu haben die Deutschen hohe Ansprüche an den Lebensstandard im Alter, wie eine Studie der Fondsgesellschaft Fidelity im vergangenen Jahr ergeben hat. Um die befriedigen zu können, müssten sie aber anders sparen. Das zeigt ein Zeitvergleich mit Großbritannien: Fidelity hat errechnet, dass risikoscheue Bundesbürger, die mit 25 mit dem Sparen beginnen, etwa 21 Prozent ihres Jahreseinkommens aufwenden müssen, um am Ende ihres Berufslebens das Gleiche herauszubekommen wie ein Brite, der nur 13 Prozent zurücklegt. Das gilt jedenfalls für jene, die nicht auf andere Vermögenswerte (beispielsweise geerbte Immobilien, Lottogewinn) zurückgreifen können. Wer zehn Jahre später mit dem Sparen beginne, müsse in Deutschland 28 Prozent seines Jahreseinkommens zurücklegen, auf der britischen Insel nur 18, so Fidelity. Das Problem: Die reale Rendite der Geldanlage beträgt in Deutschland nur zwei Prozent. In den USA sind es 3,5 Prozent. In Japan beträgt die Realverzinsung zwar nur ein Prozent, aber die Japaner sind laut Fidelity im Alter auch bescheidener und kommen mit 72 Prozent ihres letzten Einkommens aus.
Wie spart man denn nun richtig? Dazu ein paar Grundweisheiten:
Schulden tilgen
Immer noch der Weisheit bester Schluss. Die einfache Rechnung: Wer einen Kredit aufnimmt (beispielsweise für ein Haus), zahlt dafür in der Regel mehr Zinsen, als er für sein Erspartes bekommt. Also erst mal Verbindlichkeiten abbauen. Das gilt auch für Sondertilgungen bei einem Immobiliendarlehen.
Rendite, Risiko und Volatilität
Natürlich muss man an dieser Stelle die Aktie als Vorsorgeinstrument erwähnen. Keine andere Geldanlage hat über Jahrzehnte mehr Ertrag abgeworfen. Das Risiko des Anlegers, der wirklich fürs Alter spart, wird in den meisten Fällen über die lange Laufzeit aufgefangen.
Kosten Ein wichtiges Argument beim Investieren. Börsennotierte Exchanged Trading Funds (ETFs) beispielsweise kosten den Anleger weniger als andere Fonds. Bei Lebensversicherungen ist es wichtig, die Abschluss- und Verwaltungskosten der Anbieter zu vergleichen. Wer Immobilien kauft, sollte nicht nur auf die Zinsen achten, die er der Bank zahlen muss, sondern auch auf die Kaufnebenkosten, die Zigtausende Euro ausmachen.