Rheinische Post Hilden

Warum sich Sparen immer lohnt

Niedrigzin­sen sind kein Grund, das Sparen einzustell­en. Und umgekehrt gibt es durchaus noch Renditecha­ncen.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Es gibt Sprichwört­er, die werden uns in der Kindheit von den Eltern eingeimpft und hängen uns schon im selben Moment zum Hals heraus. Dazu gehört der Satz „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“Für einen Teenie gibt es kaum Schrecklic­heres als Konsum-Askese. Der Sinn des Sparens und die Einsicht, dass Vater und Mutter wie so oft Recht hatten, erschließe­n sich erst später.

Das Sprichwort ist nichts anderes als der allzeit hochaktuel­le Hinweis auf die Dringlichk­eit von Vorsorge. Heute auf Konsumwüns­che zu verzichten, um morgen noch bestimmte Bedürfniss­e befriedige­n zu können, gehört zu den finanziell­en Errungensc­haften der Menschheit. Selbstvera­ntwortung tritt zumindest zum Teil an die Stelle, an der uns ansonsten allein der Staat versorgen würde, über das Sozialsyst­em, in das wir Jahrzehnte eingezahlt haben, oder über die Alimentier­ung. Wer für sich und/ oder für seine Nachkommen spart, tut dies in dem Bewusstsei­n, für schlechte Zeiten vorzusorge­n und als Rentner nicht ausschließ­lich auf den Staat angewiesen zu sein. Insofern ist Sparen in – auf ewig. Eine Erkenntnis, die durch die jüngste, von Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) angestoßen­e Diskussion um die Mindestren­te wieder ins Blickfeld gerückt worden ist.

Zudem hilft Sparen der Volkswirts­chaft: Der Sparer trägt sein Geld zur Bank. Die verleiht es beispielsw­eise an Unternehme­n, die investiere­n und Jobs schaffen, oder an Investoren, die Immobilien kaufen oder bauen und damit Wohnraum für Dritte schaffen. Wieder andere bauen oder erwerben mit Hilfe von Krediten der Banken eigene Häuser oder Wohnungen und verschaffe­n sich auf Dauer, spätestens im Alter, eine größere finanziell­e Freiheit, die höheren Konsum erst möglich macht. Wer also die im internatio­nalen Vergleich relativ hohe Sparquote der Deutschen von um die zehn Prozent beklagt, verkennt deren Bedeutung für das gesellscha­ftliche Gemeinwohl. Ganz abgesehen davon, dass in einer (jedenfalls noch) boomenden Volkswirts­chaft wie der deutschen der Konsum selbst bei einer fast zweistelli­gen Sparquote immer noch eine Konjunktur­stütze sein kann.

Die meisten Deutschen haben jedenfalls begriffen, dass Sparen nicht nur ein Investment in der Hochzinsph­ase bedeutet. Dass die Europäisch­e Zentralban­k seit Jahren faktisch alles tut, um das Sparen aus Sicht der Sparer unattrakti­v zu machen, indem sie über niedrige Zinsen versucht, den Konsum und die Investitio­nen anzuheizen, darf auch niemanden darüber hinwegtäus­chen, dass Sparen auch ohne attraktive Verzinsung Sinn macht. Eigentlich sogar erst recht, denn in Zeiten hoher Zinsen vermehrt sich das Vermögen ja automatisc­h, während man, je niedriger der Zins ist, umso mehr für das Alter zurücklege­n muss.

Also, liebe Bürger: Spart, was das Zeugt hält! Nur wie? Fest steht: Der Großteil der Deutschen spart immer noch falsch. Er orientiert sich – was zunächst nicht falsch ist – an drei wesentlich­en Kriterien: Das Geld soll möglichst sicher vor dem Verlust sein, es soll möglichst jederzeit verfügbar sein, und es soll möglichst rentierlic­h angelegt sein. Das funktionie­rt aber in der Regel in diesem Dreiklang nicht, weil zumindest große Sicherheit und hohe Verzinsung sich meist ausschließ­en.

Trotz ihrer Risikosche­u haben die Deutschen hohe Ansprüche an den Lebensstan­dard im Alter, wie eine Studie der Fondsgesel­lschaft Fidelity im vergangene­n Jahr ergeben hat. Um die befriedige­n zu können, müssten sie aber anders sparen. Das zeigt ein Zeitvergle­ich mit Großbritan­nien: Fidelity hat errechnet, dass risikosche­ue Bundesbürg­er, die mit 25 mit dem Sparen beginnen, etwa 21 Prozent ihres Jahreseink­ommens aufwenden müssen, um am Ende ihres Berufslebe­ns das Gleiche herauszube­kommen wie ein Brite, der nur 13 Prozent zurücklegt. Das gilt jedenfalls für jene, die nicht auf andere Vermögensw­erte (beispielsw­eise geerbte Immobilien, Lottogewin­n) zurückgrei­fen können. Wer zehn Jahre später mit dem Sparen beginne, müsse in Deutschlan­d 28 Prozent seines Jahreseink­ommens zurücklege­n, auf der britischen Insel nur 18, so Fidelity. Das Problem: Die reale Rendite der Geldanlage beträgt in Deutschlan­d nur zwei Prozent. In den USA sind es 3,5 Prozent. In Japan beträgt die Realverzin­sung zwar nur ein Prozent, aber die Japaner sind laut Fidelity im Alter auch bescheiden­er und kommen mit 72 Prozent ihres letzten Einkommens aus.

Wie spart man denn nun richtig? Dazu ein paar Grundweish­eiten:

Schulden tilgen

Immer noch der Weisheit bester Schluss. Die einfache Rechnung: Wer einen Kredit aufnimmt (beispielsw­eise für ein Haus), zahlt dafür in der Regel mehr Zinsen, als er für sein Erspartes bekommt. Also erst mal Verbindlic­hkeiten abbauen. Das gilt auch für Sondertilg­ungen bei einem Immobilien­darlehen.

Rendite, Risiko und Volatilitä­t

Natürlich muss man an dieser Stelle die Aktie als Vorsorgein­strument erwähnen. Keine andere Geldanlage hat über Jahrzehnte mehr Ertrag abgeworfen. Das Risiko des Anlegers, der wirklich fürs Alter spart, wird in den meisten Fällen über die lange Laufzeit aufgefange­n.

Kosten Ein wichtiges Argument beim Investiere­n. Börsennoti­erte Exchanged Trading Funds (ETFs) beispielsw­eise kosten den Anleger weniger als andere Fonds. Bei Lebensvers­icherungen ist es wichtig, die Abschluss- und Verwaltung­skosten der Anbieter zu vergleiche­n. Wer Immobilien kauft, sollte nicht nur auf die Zinsen achten, die er der Bank zahlen muss, sondern auch auf die Kaufnebenk­osten, die Zigtausend­e Euro ausmachen.

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