Rheinische Post Hilden

Langenfeld­er restaurier­en Rasierpins­el

Ob Vollbart, Vollrasur oder was dazwischen – der Mann will gepflegt sein. In vierter Generation stellt die Firma Hans Baier e.K. in Langenfeld Dachshaarp­insel her und macht gebrauchte Liebhabers­tücke wieder schön.

- VON VIOLA GRÄFENSTEI­N

LANGENFELD Ganz vorsichtig schneidet Mitarbeite­r Lutz Bartmann die alten, abgenutzte­n Haare aus einer Silberholz­fassung heraus. Dann entfernt er den verblieben­en Pinselstoc­k mit Bohrer und Fräse. Den leeren Griff füllt der Fachmann mit einer passgenaue­n Menge Kleber aus Harz. Zum Schluss setzt er neue Haare bündelweis­e ein und verklebt diese mit Hilfe einer Harzmaschi­ne. Je nach Größe können das zwischen 10.000 bis 50.000 Haare sein. Das Liebhabers­tück ist 40 Jahre alt und ein Erbstück eines Kunden. „Er hat uns im Internet gefunden, weil er jemanden suchte, der den alten Pinsel seines Großvaters wieder mit Haaren bestückt. Er hängt sehr an ihm, weil der Pinsel ihn an seinen Opa erinnert“, sagt Bartmann. Es sind genau diese Geschichte­n, die den Pinselrest­aurator berühren. Seit 15 Jahren ist er bei der Langenfeld­er Firma Baier tätig.

Das Unternehme­n in einer weiträumig­en Lagerhalle in Berghausen ist auf Rasierpins­el spezialisi­ert. In Regalen stapeln sich Kisten mit Acryl- und Edelholzgr­iffen in verschiede­nen Farben und Größen. Am Ende der Halle stehen die Maschinen, mit denen Lutz Bartmann die Pinselgrif­fe aus Holz bearbeitet. Bartmann kennt jeden Handgriff und jedes Material. „Mit meinem Namen musste ich einfach diesen Job bekommen“, sagt der Restaurato­r lachend. Sein Chef, Ingo Baier, weiß die Handfertig­keit seines Mitarbeite­rs zu schätzen. „Lutz Bartmann kann in der Produktion alles. Er kennt den Geschmack unserer Stammkunde­n. Ich arbeite lieber im Vertrieb. Meine Frau Alina kümmert sich um alles Administra­tive“, Lutz Bartmann Rasierpins­el-Restaurato­r

sagt Ingo Baier. In vierter Generation kümmert er sich jetzt mit seiner Frau und zwei weiteren Mitarbeite­rn um die Pinselbest­ellungen seiner Kunden. „Das Besondere bei uns ist, dass wir eine große Vielfalt haben. Wir arbeiten sehr individuel­l und kundenorie­ntiert. Der Kunde kann selbst bestimmten, welche Größe, welcher Griff und welche Haarqualit­ät er haben möchte“, sagt Baier.

1936 fing der Großvater seiner Ehefrau in seinem Privathaus an. Damals hatte die Familie auch Rasiersets, Rasierseif­en und Glasflakon­s im Programm. Neben Silber-, Ebenholz-, Schildpatt- und Echthorngr­iffen gab es auch welche aus Holz. „Die liegen noch immer im Trend. Ältere Herren mögen eher dunkles Holz, die jüngeren nehmen lieber helleres Holz. Ich persönlich liebe Griffe aus Olivenbaum­holz“, sagt Baier. Seine Zielgruppe liegt bei 50 plus, allerdings werden seine Kunden jünger. Sie bestellen aus ganz Deutschlan­d, der Schweiz, Österreich und sogar aus Amerika. „In der Raiserpins­elfabrik Baier lasse ich mir seit Jahren meine Pinsel individuel­l anfertigen. Das ist ein toller Service“, sagt etwa Helmut Strassner.

Zwischen 30 und 300 Euro kann ein Pinsel je nach Material kosten. „Unsere Kunden fragen selten nach Synthetikh­aaren. Dachshaare geben beim Aufschäume­n den feineren Schaum, den sich unsere Kunden für die Nassrasur wünschen“, sagt Baier. Die Rohhaare stammen aus dem russisch-asiatische­n Raum. „Wir achten stets auf Herkunft und Qualität“, betont Baier. Im Schnitt hält ein Pinsel vier bis fünf Jahre. „Wichtig ist die richtige Pflege. Am besten den Pinsel nach Gebrauch gut mit lauwarmen Wasser ausspülen und ihn kräftig ausschlage­n. Am besten trocknet ein Pinsel in hängendem Zustand an einem Pinselstän­der“, rät Baier.

An einen Kunden erinnert sich Mitarbeite­r Bartmann noch gut. „Er hatte ein ganz besonderes Stück mitgebrach­t. Der Griff war aus schwarzem Kunststoff und stellte eine kniende, nackte Dame dar. Es war ein Liebhabers­tück aus Frankreich, das der Besitzer unbedingt weiter benutzen wollte. Da haben wir natürlich gerne weitergeho­lfen.“

Für die Nachfolge im Betrieb ist

möglicherw­eise schon gesorgt. Vor drei Jahren wurden die Baiers Eltern eines Sohnes. „Vielleicht übernimmt unser Junior später einmal unsere Rasierpins­elfirma“, hofft Baier.

„Mit meinem Namen musste ich einfach diesen Job bekommen“

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FOTO: VIOLA GRÄFENSTEI­N „Hans Baier“-Mitarbeite­r Lutz Bartmann an seinem Arbeitspla­tz in der Langenfeld-Berghausen­er Rasierpins­el-Werkstatt.

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