Brexit würde NRW besonders treffen
Die NRW-Wirtschaft ist „in unruhigem Fahrwasser“. Das sagt Christoph Schmidt, Chef des Sachverständigenrates. 2019 locken zwar 100.000 neue Jobs, aber ein Brexit ohne Übergang wäre schlimm.
DÜSSELDORF Das Tempo des Aufschwungs in Nordrhein-Westfalen verlangsamt sich. Ein großes Risiko wäre ein ungeordneter Austritt von Großbritannien aus der EU. Läuft aber alles gut, könnten dieses Jahr 100.000 neue Arbeitsplätze an Rhein und Ruhr entstehen, nachdem es in 2018 bereits 160.000 neue Stellen gab. Dies sind die entscheidenden Aussagen des Konjunkturberichtes 2019, den Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) und Christoph Schmidt, Präsident des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, am Montag vorstellten.
Im Jahr 2018 legte die NRW-Wirtschaft mit 1,4 Prozent fast genauso zu wie im Bund mit 1,5 Prozent, sagte Schmidt. Er leitet auch den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Für 2019 rechnet das RWI in NRW bei der Wirtschaftsleistung mit einem Plus von 1,1 Prozent, etwas mehr als die Bundesregierung mit einem Prozent für ganz Deutschland erwartet. „Wir haben eine konjunkturelle Eintrübung“, sagte Schmidt.
Die Arbeitslosigkeit in NRW dürfte dieses Jahr weiter um 0,4 Prozentpunkte auf 6,4 Prozent zurückgehen, ergänzte er. Wichtige Jobmotoren sind die Dienstleistungsbranchen wie Dienstleistungen für Unternehmen, aber auch der öffentliche Dienst. Laut RWI lag die Zahl der Arbeitsplätze beim Staat und im Gesundheitswesen oder im Erziehungsbereich in NRW vergangenes Jahr bis Oktober um 2,7 Prozent höher als in 2017. Bundesweit liegt der Zuwachs nur bei 2,3 Prozent. Auch die Logistikbranche lege stark zu, berichtete Schmidt.
Pinkwart wies daraufhin, dass die Arbeitslosigkeit so niedrig sei wie seit 38 Jahren nicht. Da sich die Konjunktur etwas abschwäche, wolle die Landesregierung neue Aktivitäten starten, um das Wachstum anzukurbeln. Insbesondere müsse der Ausbau neuer Glasfasernetze vorankommen. Außerdem wolle das Land die Genehmigungsverfahren für Unternehmen beschleunigen.
Dagegen berichtete bei dem Pressegespräch Thomas Meyer, Präsident der IHK NRW, dass es noch immer sehr aufwändig sei, beispielsweise Mittel für EU-Förderprogramme in NRW zu beantragen: „Man muss einen ganzen Stapel an Papier ausfüllen, nur um einen Vorantrag einzureichen.“
Die NRW-Wirtschaft sei „in unruhigem Fahrwasser“, sagte Schmidt unter Verweis auf die globale Lage und auf einen drohenden harten Brexit. Alleine aufgrund seiner geografischen Nähe sei NRW stärker mit der Wirtschaft Großbritanniens verknüpft als andere Bundesländer. Er wies ausdrücklich daraufhin, dass die relativ optimistische Wachstumsprognose für NRW auf der Annahme basiert, dass es zu keinem harten Brexit komme. „Es ist denkbar, dass wir noch unter der Prognose landen.“
Schmidt warnte davor, dass die Energiewende zu weiteren Belastungen für NRW führen könne. Er hätte es für sinnvoller gehalten, wenn die Politik für ganz Europa die Kohlendioxid-Emissionen mit einem harten Emissionshandel begrenzt hätte. Er ergänzte, wenn NRW nun schon viele Milliarden Euro als Ausgleich für den Ausstieg aus der Braunkohle erhalte, dann müsse dieses Geld gut angelegt werden: „Wenn neue Forschungsinstitute aufgebaut werden, dann ist das in Ordnung. Aber falls eine industrielle Massenproduktion mit Subventionen aufgebaut wird, wäre ich skeptisch.“
Schmidt hält also wenig von der Idee, eine geförderte Fabrik für Elektoauto-Batterien in NRW aufzubauen. Minister Pinkwart antwortete mit der Aussage, es gehe nicht darum Subventionen zu verteilen sondern „nachhaltig zu investieren.“