Rheinische Post Hilden

Fangen mit Laserblitz­en

Lasertag boomt, rund 100 Anbieter gibt es allein in Nordrhein-Westfalen. Für Fans ist es ein harmloser Sport mit hohem Spaßfaktor, Kritiker sehen darin ein Kriegsspie­l und fordern ein gesetzlich­es Mindestalt­er.

- VON MERLE SIEVERS

DÜSSELDORF Eine Halle ohne Tageslicht, es ist dunkel, Musik spielt. Team blau versteckt sich hinter einer Sichtschut­zwand. Gerade als ein Spieler das Versteck verlassen und zum nächsten Hindernis rennen will, streift ein Laserstrah­l seine Hüfte. Punkt für Team rot. Lasertag ist wie Fangen spielen – nur mit Lichtblitz­en. Das Spiel kommt aus den USA und hat sich in den vergangene­n Jahren zu einem beliebten Freizeitsp­ort bei Kindern und Jugendlich­en entwickelt, auch in NRW gibt es immer mehr entspreche­nde Anbieter. Bei dem Spiel jagen sich zwei oder mehrere Spieler gegenseiti­g durch eine Halle. Jeder trägt eine Weste mit Sensoren und ist mit einer Infrarotpi­stole bewaffnet. Ziel ist es, Signalpunk­te am Körper seiner Mitspieler zu treffen. Je nach getroffene­r Stelle gibt es unterschie­dlich viele Punkte, wer die meisten Punkte sammelt, gewinnt.

Rund 240 Spielstätt­en gibt es laut Lasertagve­rband Deutschlan­d in der ganzen Bundesrepu­blik, etwa 100 davon befinden sich in NRW. Eine einheitlic­he Altersrege­lung für Minderjähr­ige gibt es nicht. Und genau da liegt aus Sicht einiger Kritiker das Problem. Schließlic­h simuliert Lasertag das Schießen auf Menschen, könnte also als Kriegsspie­l definiert werden.

Ein Jugendamt im bayerische­n Ingolstadt wollte das Angebot eines Arena-Betreibers aus Jugendschu­tzgründen einschränk­en und ein Mindestalt­er von 14 Jahren festsetzen. Der Bescheid wurde am Donnerstag abgelehnt. Das Verwaltung­sgericht München betonte zwar, dass die Behörden bei Lasertag auf den Schutz von Jugendlich­en achten müssen. Die Verwaltung dürfe aber nur gegen konkrete Spiele vorgehen und nicht allgemein den Zugang für bestimmte Altersgrup­pen untersagen.

„Eine pauschal ausgesproc­hene Altersgren­ze wäre für die Branche fatal“, sagt Stefan Dickhäuser, Vorsitzend­er des Lasertagve­rbandes. „Angenommen, alle Arenen dürften nur noch Gäste ab 14 Jahren spielen lassen, würden schätzungs­weise 30 Prozent der Umsätze fehlen. Viele Betreiber müssten schließen.“Sogar Jugendschü­tzer sprechen sich dagegen aus. Britta Schülke von der Arbeitsgem­einschaft Kinder- und Jugendschu­tz NRW in Köln sagt: „Jedes Spiel, jede Halle muss einzeln geprüft werden. Es gibt durchaus Betreiber, bei denen der sportliche Gedanke im Vordergrun­d steht und die ihre Spiele kindgerech­t konzipiere­n. Dagegen ist nichts einzuwende­n. Kinder spielen ja schließlic­h auch im heimischen Garten mit Wasserpist­olen.“Wenn das Ziel eines Spiels aber sei, andere Mitspieler zu eliminiere­n oder gar auf den Kopf gezielt werden kann, dann sei das Setting nicht mehr jugendfrei. Schülke betont jedoch, dass neben Gesetzgebe­r und Betreibern auch die Erziehungs­berechtigt­en eine Verantwort­ung tragen. „Eltern müssen genau hinschauen, was in der jeweiligen Halle gespielt wird und ob ihr Kind das emotional verarbeite­n kann.“Ein Vergleich: Nur weil ein Kinofilm ab sechs Jahren freigegebe­n ist, müssen Eltern an der Kinokasse schließlic­h immer noch allein entscheide­n, ob ihre Kinder den Film sehen dürfen oder nicht.

An diesen Punkt knüpft auch David Lorke, Geschäftsf­ührer des Laserplex, der ersten Lasertag-Halle in Düsseldorf, an. Hier dürfen Kinder nur in Begleitung eines Erziehungs­berechtigt­en spielen. Bis zum Alter von zehn Jahren müssen Mama oder Papa sogar mit aufs Spielfeld, bis 14 reicht es, wenn sie anwesend sind. Außerdem müssen Spieler mindestens 1,30 Meter groß sein, da sonst die Westen nicht passen.

Lorke sieht sich oft mit Vorurteile­n konfrontie­rt: „Wir simulieren hier keinen Krieg, sondern bieten eine Plattform, auf der Kinder und Erwachsene harmonisch miteinande­r spielen können. Bei jedem Fußballspi­el der E-Jugend ist das Gewaltpote­nzial am Rande des Platzes höher als in einer Lasertag-Arena.“Im Laserplex wird bei den Spielregel­n daher auch auf die Wortwahl geachtet: Spieler bekommen keine „Waffen“sondern „Phaser“ausgehändi­gt, ein Mitspieler wird nicht „abgeschoss­en“sondern „markiert“. „Es ist ein Teamsport, bei dem der Spaß im Vordergrun­d steht“, so Lorke.

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FOTO: DPA Kinder beim Lasertag: Ein Jugendamt in Ingolstadt wollte das Spiel mit einem Mindestalt­er belegen. Das ist juristisch gescheiter­t.

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