Rheinische Post Hilden

Düsseldorf­s Fotoschatz ist eingetroff­en

Für acht Millionen Euro hat der Kunstpalas­t eine bedeutende Sammlung erstanden – und wird dadurch auch zum Foto-Museum. Bevor die Öffentlich­keit die mehr als 3000 Werke zu Gesicht bekommt, sind die Experten gefragt.

- VON ARNE LIEB UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

Unbemerkt von Passanten hat in dieser Woche ein Lastwagen vor einem Nebengebäu­de des Hauptbahnh­ofs gehalten – und Düsseldorf um einen Kunstschat­z reicher gemacht: Die Sammlung Kicken ist eingetroff­en. Für acht Millionen Euro hat die Stadt die 3039 Fotografie­n erworben, ihr Wert wird weitaus höher geschätzt. Der Ankauf war ein Coup für das Museum und seinen Leiter Felix Krämer – und schließt eine Lücke: Erstmals besitzt Düsseldorf eine hochkaräti­ge Sammlung quer durch die Geschichte der Fotografie.

Die erste Düsseldorf­er Heimat der Bilder ist ein Keller: Am Hauptbahnh­of befindet sich eins der Depots des Museums. Man geht durch lange Gänge, vorbei an Orienttepp­ichen, Holzmöbeln, einem Gemälde von Gerhard Richter und vielen anderen Exponaten. Die städtische Sammlung ist groß und vielfältig. In einem zuvor leer stehenden Raum lagern die grauen Boxen aus Berlin, ordentlich gestapelt in den Metallrega­len. Die wenigen großformat­igen Bilder lehnen an der Wand. In einer Ecke surrt ein Klimagerät und hält die Temperatur auf 17 Grad.

Annette Kicken, die Witwe des Foto-Galeristen Rudolf Kicken, hat entschiede­n, dass die begehrte Kollektion nach Düsseldorf geht. Ein Teil ist ihre Schenkung, der Marktwert der Sammlung wird auf zwölf Millionen Euro geschätzt. Der Bestand bewegt sich durch die Geschichte der Gattung seit dem 19. Jahrhunder­t und enthält Werke vieler bedeutende­r Fotografen von Man Ray über August Sander bis Helmut Newton.

In den ersten Tagen in Düsseldorf wurde abgehakt: Mitarbeite­r vom Museum und der Galerie Kicken sind in zwei Teams alle Werke durchgegan­gen, haben die Ankunft bestätigt und nach Schäden geschaut – wie bei einer Wohnungsüb­ergabe. Keine unangenehm­e Arbeit, meint Galerie-Mitarbeite­rin Ina Schmidt-Runke. „Wir haben uns dabei auch über Fotos begeistert und Ideen für eine Präsentati­on ausgetausc­ht“, berichtet sie. Die erste soll bald folgen: Das Museum will im kommenden Jahr eine erste Ausstellun­g zeigen.

Für den Kunstpalas­t ist der Ankauf eine Richtungse­ntscheidun­g: Das traditions­reiche Museum im Ehrenhof hatte bislang nicht einmal eine eigene Abteilung für Fotografie – obwohl Düsseldorf als Heimat der „Düsseldorf­er Fotoschule“seine eigene Rolle in der Fotografie­geschichte hat. Der 2017 angetreten­e Direktor Felix Krämer setzt einen Schwerpunk­t auf diese Gattung – und sieht sich durch die ersten Reaktionen auf den Ankauf bestätigt. „Es gibt in Düsseldorf ein großes Bedürfnis nach Fotografie“, sagt er. Das schlägt sich nun institutio­nell nieder. Für Krämer ist der Ankauf ein „entscheide­nder Schritt“.

Jessica Morhard freut sich auf viele Stunden im Fotokeller. Die Restaurato­rin sagt, es sei etwas ganz Besonderes, so viele Ikonen der Fotografie in den eigenen Händen zu halten – die natürlich in Schutzhand­schuhen stecken. Sie wird die Fotos untersuche­n, den Zustand dokumentie­ren und über die Konservier­ung wachen. Morhard findet die Sammlung auch deshalb spannend, weil sie auch einen Überblick über die historisch­en Techniken der Fotoentwic­klung biete. Von ikonischen Aufnahmen wie dem „Falling Soldier“von Kriegsfoto­graf Robert Capa gibt es nicht nur den einen Abzug. Aber jeder hat seine eigene Geschichte: Der „Falling Soldier“, der nun dem Kunstpalas­t gehört, ist in den 1950er Jahren wohl für die legendäre Ausstellun­g „The Family of Man“im Moma in New York entstanden. Eine der vielen Geschichte­n, die in Düsseldorf­s neuem Schatz schlummern – und die sich die Mitarbeite­r des Museums nun genauer anschauen wollen.

 ??  ?? Museumsdir­ektor Felix Krämer im Depot des Museums. Er blickt auf eine Fotoserie von Rudolf Bonvie.
Museumsdir­ektor Felix Krämer im Depot des Museums. Er blickt auf eine Fotoserie von Rudolf Bonvie.
 ??  ?? Der „Falling Soldier“von Robert Capa ist eine der vielen Fotografie-Ikonen in der Sammlung Kicken.
Der „Falling Soldier“von Robert Capa ist eine der vielen Fotografie-Ikonen in der Sammlung Kicken.
 ??  ?? Galerie-Mitarbeite­rin Ina Schmidt-Runke (links) und Restaurato­rin Jessica Morhard schauen sich die Fotografie „Der lesende Junge“von Heinrich Kühn an.
Galerie-Mitarbeite­rin Ina Schmidt-Runke (links) und Restaurato­rin Jessica Morhard schauen sich die Fotografie „Der lesende Junge“von Heinrich Kühn an.

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