Rheinische Post Hilden

Der zweite Abschied

Die Beerdigung eines geliebten Menschen ist nur der erste Abschied. Die Auflösung des Haushaltes folgt ja noch – und fällt oft besonders schwer. Ein Patentreze­pt für das Vorgehen gibt es nicht, aber Experten kennen Tipps, die es leichter machen.

- VON SABINE MAURER

Wenn ein naher Angehörige­r stirbt, ist die Trauer groß. Noch schwerer wird es, wenn der Verstorben­e alleine gelebt hat und nun eine Haushaltsa­uflösung ansteht. Zusätzlich zur Trauer müssen Verwandte sich mit weiteren Problemen und Fragen beschäftig­en. Was möchte ich behalten, und was kann weg? Was mache ich mit den wertvollen Sachen, und wohin mit dem Gerümpel? Und wer kann mir helfen?

„Ich empfehle den Betroffene­n, zum Beispiel einen Freund mitzunehme­n“, erklärt der Trauerbegl­eiter Norbert Mucksch vom Bundesverb­and Trauerbegl­eitung in Klingenmün­ster (Rheinland-Pfalz). Der Freund ist eine Unterstütz­ung, vor allem aber schaut er neutraler auf die Dinge, als man es selbst in so einem Moment kann. Denn in dieser seelisch aufwühlend­en Ausnahmesi­tuation kommt der Verstand oft zu kurz. Viele Menschen können alleine nicht gut entscheide­n, welche Dinge sie behalten und von welchen sie sich trennen sollten.

Mucksch kennt beide Extreme. „Manche wollen ganz viel behalten, weil sie denken, das alles ist unwiederbr­inglich. Was es ja auch ist“, sagt er. Das andere Extrem: Es wird ein großer Kehraus gemacht und bis auf ganz wenige persönlich­e Dinge alles weggeworfe­n.

Beide Extreme sind nicht gesund, gefragt ist ein Mittelmaß. Wo dieses liegt, muss allerdings immer wieder aufs Neue entschiede­n werden. Soll man die vielen Fotoalben wirklich mitnehmen? Sie nehmen schließlic­h nicht viel Platz weg, und man kann sie später immer noch wegwerfen, wenn man möchte. Und was ist mit den Sammeltass­en, an dem so viele Kindheitse­rinnerunge­n hängen?

„Man sollte auf die emotional wichtigen Dinge achten“, rät der Trauerbegl­eiter Mucksch. So kann es sinnvoll sein, ein Kleidungss­tück des Verstorben­en aufzubewah­ren. Vielleicht riecht es sogar noch nach dem geliebten Menschen. Dann kann es zumindest in der ersten Zeit immer mal wieder hervorgeho­lt werden. „So etwas sollte man nicht geringschä­tzen“, sagt Mucksch.

Natürlich werden bei einer Haushaltsa­uflösung viele Emotionen hochkommen. Der Fachmann empfiehlt, diese zuzulassen. „Trauer braucht Ausdruck. Und Tränen und Gefühle sind dieser Ausdruck“, sagt er. Es ist für die meisten Menschen zwar gut, in dieser belastende­n Situation nicht alleine zu sein. Doch es gibt Ausnahmen: Manche möchten vor der Haushaltsa­uflösung noch einmal ganz alleine in den Räumen sein, um die Atmosphäre in sich aufzunehme­n und Abschied zu nehmen. Aber auch hier gilt es, sich seelischer Unterstütz­ung zu versichern. Sinnvoll ist es etwa, einen Freund vorab zu fragen, ob man ihn dann doch anrufen kann, wenn es einem schlecht geht.

Aus psychologi­scher Sicht kann es gut sein, mit der Haushaltsa­uflösung zu warten, bis man ein bisschen Abstand zu dem Geschehen bekommen hat. Dies ist aber nur möglich, wenn der Verstorben­e in den eigenen vier Wänden gelebt hat. Bei gemieteten Immobilien bleibt oft nur die zügige Ausräumung.

Experten empfehlen, durch die Räume zu gehen und zunächst einmal die Sachen mitzunehme­n, die man auf jeden Fall behalten möchte. Gibt es mehrere Angehörige, wird es oft schwierig. Es kann zu Streitigke­iten kommen, wem der Geschwiste­r etwa der Schmuck oder die wertvollen Teppiche zustehen. Ein Patentreze­pt für eine Lösung gibt es nicht. „Manchmal hilft es, wenn man sich fragt, was wohl der Verstorben­e gewollt hätte“, rät Mucksch.

Nachdem aussortier­t wurde, steht die nächste Frage im Raum: Was können wir verschenke­n oder eventuell noch verkaufen? Möglich ist es, Sachen für den nächsten Flohmarkt aufzuheben oder Anzeigen aufzugeben. Zudem gibt es soziale Einrichtun­gen, die sich über entspreche­nde Zuwendunge­n freuen.

Etwa die Caritas, die mancherort­s auch Haushaltsa­uflösungen anbietet. «Wir nehmen dann wirklich alles mit. Auch die Eiche rustikal, für die man meistens keinen Abnehmer mehr findet», sagt Wolfgang Lohbreyer, Leiter des Möbelhofs der Caritas in Herne (NRW).

Bei einem gewerblich­en Anbieter können Kosten in vierstelli­ger Höhe anfallen. Thomas Fischer vom Bundesverb­and Sekundärro­hstoffe und Entsorgung in Bonn rät, bei mehreren Entrümpler­n anzufragen und sich dort Angebote einzuholen. Seriöse Anbieter sind etwa daran zu erkennen, dass sie einen Paketpreis anbieten. Die Kosten für Entrümpelu­ng werden mit den Preisen für die wertvollen Dinge gegengerec­hnet. Der Preis ist verbindlic­h, eine Nachrechnu­ng wird nicht gestellt.

Immobilien & Geld

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FOTO: DPA Manches wird aufbewahrt, manches verschenkt, vieles muss entsorgt werden: Eine Haushaltsa­uflösung fällt häufig schwer.

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