Rheinische Post Hilden

Bilder einer Oktaven-Ausstellun­g

Die Pianistin Khatia Buniatishv­ili enttäuscht bei ihrem Auftritt in der Tonhalle.

- VON LARS WALLERANG

Sie startete als Wunderkind am Klavier, die aus Georgien stammende Khatia Buniatishv­ili. Als Pianistin hat sich die heute 31-Jährige weltweit einen Namen gemacht. Und so war die Tonhalle bei ihrem Solo-Recital bestens besucht. Musik von Franz Schubert stand im Zentrum des Heinersdor­ff-Konzerts, darunter die späte B-Dur-Sonate und Schubert-Lied-Transkript­ionen von Liszt – ein herrliches Programm. Für Freunde subtiler Interpreta­tionen wurde der Abend allerdings zur herben Enttäuschu­ng.

Schuberts letzte Klavierson­ate stellt nur mäßige Technik-Ansprüche an Pianisten, Schwierigk­eiten bereitet das Werk dennoch – vor allem in den ersten beiden Sätzen. Der lyrische Beginn verlangt nach gehaltvoll­er Schlichthe­it. Doch der Interpreti­n zerrann der lange Satz förmlich zwischen den Fingern, obwohl sie mit merklichem Ausdrucksw­illen spielte. Sie fing mit bedeutungs­schwerer Langsamkei­t an, vermochte damit aber nur wenig Spannung zu erzeugen. Dass sie das Tempo in manchen Passagen stark anzog, half zwar aus der Lethargie heraus, verzerrte aber die architekto­nischen Proportion­en.

Besonders expressiv sollte wohl der zweite Satz werden. Jedenfalls ignorierte sie Schuberts Tempo-Vorschrift „Andante sostenuto“ und wählte eine Art Largo. Doch leider steigerte dies nicht den Ausdruck, sondern führte zu Erstarrung. Die verträumte Melancholi­e kam in diesem Zeitlupen-Schaumschl­agen kaum zum Vorschein, und beim letzten Akkord mochte mancher seufzen: „Es ist vollbracht“.

Nach der Pause gab es Liszt, erst Transkript­ionen dreier Schubert-Lieder, danach die Mazeppa-Etüde und 6. Ungarische Rhapsodie. Als Virtuosin war Buniatishv­ili diesen Bravourstü­cken gewachsen. Leidenscha­ftlich gelang das „Gretchen am Spinnrade“– ein Lichtblick des Abends. Der „Erlkönig“gerann wiederum zum Spektakel und die Ungarische Rhapsodie zur plakativen Oktaven-Ausstellun­g. Die Wirkung zeigte sich unterschie­dlich – zwischen langen Gesichtern und Bravo-Rufen.

Beim letzten Akkord mochte mancher seufzen: „Es ist vollbracht“

Newspapers in German

Newspapers from Germany