Rheinische Post Hilden

Experte motiviert zur Digitalisi­erung

Unternehme­n müssen die digitale Transforma­tion aktiv mitgestalt­en. Dazu gehört autonomes Arbeiten im Team genauso wie eine Vernetzung von Mitarbeite­rn und Prozessen. Aber vieles muss neu gedacht werden.

- VON STEFAN OSORIO-KÖNIG

Wer im Unternehme­n Veränderun­g will, muss raus aus seiner Komfortzon­e – diese These vertrat Unternehme­r und Coach Horst Pütz als Referent im Wirtschaft­sclub Düsseldorf. Firmen würden im Wettbewerb langfristi­g nur dann bestehen können, wenn sie die Digitalisi­erung als Chance begreifen und proaktiv umsetzten.

Auch Manager fühlten sich heute oft unwohl mit der Geschwindi­gkeit der digitalen Transforma­tion. „Früher hat der Geschäftsf­ührer immer gesagt, dass er wüsste, was zu tun ist“, erklärt Pütz vor Unternehme­nsvertrete­rn und Managern aus Düsseldorf. „Heute aber zuzugeben, dass das nicht immer der Fall ist, setzt viel Selbstvert­rauen voraus.“

Außerdem schaffe Veränderun­g oft Ängste bei den Menschen. „Aber es gibt keine Chance, der Digitalisi­erung zu entfliehen oder sich totzustell­en“, so Pütz weiter. Und nicht nur die Veränderun­g selbst, sondern auch deren Tempo beunruhigt viele. „Ich selbst bin mit Kodak großgeword­en und hätte mir nie vorstellen können, dass es diese Firma irgendwann mal nicht mehr gibt.“Ganz anders sei hingegen die Geschichte von Heidelberg­er Druckmasch­inen. „Der Konzern hat bereits vor vielen Jahren angefangen, alle Maschinen weltweit zu vernetzen“, so Pütz. Durch diese Vernetzung habe das Unternehme­n viel gelernt. „Während es über Jahre einfach nur Maschinen entwickelt und vermarktet hat, ist es heute im Tagesgesch­äft mit drin und hat es fertiggebr­acht, aus Daten Wert zu schaffen.“

In Düsseldorf ist die digitale Transforma­tion auch immer mehr präsent. So ist sie eines der zentralen Themen auf der Start-up-Woche Düsseldorf, die vom 5. bis 12. April stattfinde­t. Auch die IHK Düsseldorf unterstütz­t mit ihrer Initiative „go digital“seit zwei Jahren Unternehme­n bei der Digitalisi­erung. Doch die digitale Transforma­tion funktionie­re nur dann, wenn man die Menschen im Betrieb auch mitnehme. „Dabei geht es um Wertschätz­ung, Fairness und Vertrauen, aber auch um Vorhersehb­arkeit und Autonomie“, so Pütz. Das bedeute vor allem, dass Führungskr­äfte nicht hierarchis­ch Anweisunge­n geben, sondern gemeinsam mit den Mitarbeite­rn Lösungen erarbeiten sollen.

„Dazu gehört, dass man mehr auf Individuen und deren Interaktio­n setzt als auf Prozesse, mehr auf funktionie­rende Software als auf eine umfassende Dokumentat­ion“, so Pütz weiter. „Es sollte ein größerer Fokus auf die Zusammenar­beit mit den Kunden gelegt werden, als auf Vertragsve­rhandlunge­n und mehr Reaktion auf Veränderun­gen geben als Festhalten an einem Plan.“Wichtig sei aber auch die Autonomie der Menschen im Betrieb. „Das heißt, sie haben natürlich eine gemeinsame Aufgabe, entscheide­n aber selbständi­g, wann und wie diese umgesetzt wird“, erklärt Pütz.

Er macht das an einem Beispiel aus den Niederland­en fest. Dort gibt es die Buurtzorg, eine Organisati­on zur häuslichen Altenpfleg­e, in der sich die Pflegekräf­te ohne

Hierarchie­n selbst im Team organisier­en. „Die Buurtzorg war zeitweise das am schnellste­n wachsende Unternehme­n in Holland.“Hatte es 2007 gerade einmal vier Pflegekräf­te, waren es 2015 schon 9700, die sich in 850 Teams organisier­ten, um jährlich 70.000 Patienten zu versorgen. „Auch in der Urlaubspla­nung könnten sich Teams einfach abstimmen, ohne dass ein Vorgesetzt­er dann noch seine Unterschri­ft unter den Urlaubsant­rag setzen müsste“, meint Pütz – und das natürlich am besten digital.

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RP-FOTO: STEFAN OSORIO-KÖNIG Unternehme­r und Coach Horst Pütz hielt im Wirtschaft­sclub einen Vortrag zur Digitalisi­erung.

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