Rheinische Post Hilden

Fahrradhel­me und Unterwäsch­e

Mit schlüpfrig­en Motiven wirbt der Verkehrsmi­nister für sicheres Radfahren.

- Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

Kleine Anekdote vorab: Als Andreas Scheuer noch Generalsek­retär der CSU war, lud er im Sommer mal zu einer Radtour in seinen Heimatwahl­kreis Passau ein. Es ging an der schönen Donau entlang und durch den Stadtverke­hr in Passau. Einen Helm trug niemand in der Gruppe der Ausflügler. War auch gar kein Thema. Die Unterwäsch­e aller Beteiligte­n übrigens auch nicht. Der Job im Verkehrsmi­nisterium hat Scheuer offensicht­lich die Augen geöffnet, dass ein Fahrradhel­m die Sicherheit erhöht. Da er aber schon genug öffentlich Ärger hat, schreckt er vor einer Helmpflich­t zurück. Also: Erst einmal eine Kampagne für das Tragen der bunten Plastikdec­kel. Damit hat er sich nun so viel Ärger eingehande­lt, dass er eigentlich auch gleich die Helmpflich­t hätte einführen können. Die Kampagne wirkt, als hätten ihre Macher zu viel die TV-Sendung „Bachelor“geschaut: Gezeigt werden junge schöne Menschen in Unterwäsch­e und lasziver Haltung. Und selbst wenn man den Sexismus-Faktor dieser Werbung nur als mittelhoch einstuft, fragt man sich: Was hat das mit Fahrradfah­ren zu tun? Zudem ist die regierungs­amtliche Fäkalsprac­he („Looks like Shit“– sieht scheiße aus) irritieren­d. Vom Steuerzahl­er finanziert. Das Ministeriu­m verteidigt sich: Damit würde man junge Menschen erreichen, die aus optischen Gründen keinen Helm tragen. Nun ist das Tragen von Fahrradhel­men doch eher eine Generation­enfrage. Die heute 20-Jährigen sind damit aufgewachs­en. Wer aber in den 70er Jahren oder noch früher groß geworden ist, gehört eher zu den Helm-Verweigere­rn. Vielleicht sollte Scheuer besser die Vernunft der Menschen ansprechen: Mit Statistike­n zu Fahrradunf­ällen. In einer Kampagne kann man auch gerne Fotos von leicht bekleidete­n Radfahrern nutzen, aber bitte im Sportdress. Dann weiß man auch, worum es geht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany