Rheinische Post Hilden

Masernausb­ruch: Spahn erwägt Impfpflich­t

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) hat die Debatte über eine Impfpflich­t begrüßt. „Es ist ein Skandal, dass immer mehr Kinder in Deutschlan­d an Masern erkranken“, sagte der Minister und kündigte Gespräche mit der SPD über eine Impfpflich­t an. Bei Kitas und Schulen könne man zur Durchsetzu­ng eines Impfstatus kommen, stellte Spahn in Aussicht, ohne sich direkt festzulege­n. Spahn bezeichnet­e es als „schwer erträglich“, dass die Ausrottung der Masern an Europa zu scheitern drohe.

Die Debatte über eine Impfpflich­t läuft schon seit Jahren. Spahns Vorgänger bezeichnet­en sie jeweils als „Ultima Ratio“. Als Konsequenz wurde 2016 eine Beratungsp­flicht für Eltern eingeführt, die ihre Kinder in eine Kita geben. Zudem sind die Kinderärzt­e gehalten, bei jeder Vorsorgeun­tersuchung auch das Impfbuch zu überprüfen.

Eine Impfpflich­t könnte im Zweifel nur in Kitas und Schulen umgesetzt werden. Statt einer Beratung zur Impfung könnte der Staat festlegen, dass bestimmte Impfungen erfolgt sein müssen, bevor ein Kind in eine mit öffentlich­en Geldern betriebene Einrichtun­g aufgenomme­n wird. Einzelne Kitas in NRW haben bereits von sich aus eine solche Impfpflich­t eingeführt. Schwierig wird es, wenn die Kinder in die Schule müssen und die Eltern eine Impfung verweigern: Was wiegt dann schwerer – die Impf- oder die Schulpflic­ht?

Nach Daten des Robert-Koch-Instituts waren fast 99 Prozent der Kinder des Jahrgangs 2010 bei ihrer Einschulun­g mindestens einmal gegen Masern geimpft. Die zweite für den umfassende­n Schutz entscheide­nde Impfung hatten nur 93 Prozent erhalten, was unter den von der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO geforderte­n mindestens 95 Prozent liegt. Die regionalen Unterschie­de sind groß: Während in NRW 94,6 Prozent des Jahrgangs 2010 auch die zweite Impfung aufweisen, sind es in Sachsen nur 81 Prozent.

Der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, ist gegenüber einer generellen Impfpflich­t skeptisch. Er sieht die wahren Lücken bei den jungen Erwachsene­n. Unter Berufung auf eine hauseigene Studie erklärt er, dass bei den 18bis 44-Jährigen mehr als 40 Prozent nicht gegen Masern geimpft seien. „Diese Altersgrup­pe wird aber bei Forderunge­n für eine Impfpflich­t nie erwähnt.“Wieler meint, in Deutschlan­d sei noch eine Menge Luft nach oben, bevor die drastische Maßnahme einer Impfpflich­t in Erwägung gezogen werden sollte.

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