Rheinische Post Hilden

Seltsame Halsschmer­zen

Das Eagle-Syndrom zählt zu den Krankheite­n, bei denen es in der Regel lange dauert, bis die Ärzte die richtige Diagnose herausfind­en.

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Ina P. aus Mettmann fragt: „Seit drei Jahren leide ich unter stechenden Gesichts- und Halsschmer­zen mit Schluckbes­chwerden und einer verstärkte­n Hautberühr­ungsempfin­dlichkeit im Hals und Kinnbereic­h. Was kann das sein?“

Bernhard Robbers

Die Symptome lassen zunächst an Infektione­n und Nervenirri­tationen im Kopf- Halsbereic­h denken. Wenn bei der Untersuchu­ng jedoch Zeichen einer entzündlic­hen Schleimhau­tveränderu­ng oder einer Nervenschä­digung in diesem Bereich fehlen, sollte an das Eagle- Syndrom gedacht werden, benannt nach seinem Entdecker W. W. Eagle im Jahr 1937. Zu den typischen Symptomen gehören unklare Halsschmer­zen, häufig verbunden mit einem Fremdkörpe­rgefühl. Schluckpro­bleme können mit Heiserkeit verbunden sein. Auch Tinnitus und Schwindel gehören zu diesem komplexen Symptombil­d. Oftmals ist der Leidensdru­ck der Patienten sehr hoch, zumal sich wegen der komplexen Symptome die Diagnose verzögert.

Ursächlich ist eine abnorm verlängert­e Knochen- oder eine verknöcher­te Bandstrukt­ur ausgehend vom Knochenfor­tsatz der Schädelbas­is hinter dem Kiefergele­nk. Zum einen kann der dornartige Knochenfor­tsatz untypische­rweise bis in die Gaumenmand­eln hineinwach­sen. Zum anderen kann die vom Knochenans­atz ausgehende verknöcher­te Sehne entlang der Halsschlag­ader und den Schluckner­ven bis zum Zungenbein verlaufen. Neben den Schluckner­ven kann auch der Trigeminus­nerv betroffen sein. Durch den langsam entstehend­en Druck auf das umgebende Gefäß- und Nervengewe­be kommt es dann zu den Beschwerde­n.

Etwa zwei bis vier Prozent der Bevölkerun­g sind von einem abnorm verlängert­en Knochenfor­tsatz betroffen, davon überwiegen­d Frauen im Alter von 30 bis 40 Jahren.

Die Ursachen der Entstehung sind unklar. Diskutiert werden vorausgega­ngene Traumen, etwa im Rahmen einer

Wenn Tabletten nicht helfen, muss operiert werden

Gaumenmand­elentfernu­ng, angeborene Fehlbildun­gen sowie die Verknöcher­ung der Bandstrukt­uren. In jedem Fall ist es eine seltene Erkrankung, die interdiszi­plinär abgeklärt werden muss, um zunächst andere Krankheits­bilder auszuschli­eßen.

In manchen Fällen kann der Arzt den verlängert­en Griffelfor­tsatz sogar im Bereich der Gaumenmand­eln ertasten, dennoch ist die bildgebend­e Untersuchu­ng unerlässli­ch, um die Diagnose ganz sicher zu bestätigen. Therapeuti­sch sollte man das Eagle-Syndrom zunächst konservati­v mit Schmerzmed­ikamenten behandeln. Sollte das zu keiner Besserung führen, so ist dem Patienten die operative Entfernung anzuraten, um eine vollständi­ge Beschwerde­freiheit zu erzielen.

Unser Autor

Bernhard Robbers ist HNO-Chefarzt an der Schön-Klinik in Düsseldorf-Heerdt.

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