Rheinische Post Hilden

Das blau-grüne Warenhaus

Seit Montag ist das gemeinsame Logo der Galeria Karstadt Kaufhof an den Niederlass­ungen sichtbar. Für Experten ist das aber kein Signal für einen Neustart. Ein Verspreche­n: mehr Beratung – mit deutlich weniger Personal.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Der Spott war den Beteiligte­n schon sicher, ehe am Montag das erste gemeinsame Logo des neuen Warenhausk­onzerns Galeria Karstadt Kaufhof überhaupt enthüllt war. Der Name klinge innovativ, hieß es in ironischen Twitter-Kommentare­n; einer versah seinen Tweet sogar mit dem Verweis auf andere mögliche Namenskomb­inationen: „Dann gibt es bald bestimmt auch Commerzban­k Deutsche Bank, Anheuser-Busch-SAB-Miller oder Kabel Deutschlan­d Unity Media Vodafone.“Auch „Galeria Karstadt Kaufhof Horten Hertie Kaufhalle“galt Gerrit Heinemann Handelspro­fessor

als prägnanter Vorschlag.

Auf deutsch: Als besonders kreativ wird der neue Name nicht empfunden. Dafür ist er unter Einschluss der beiden Namensvorl­äufer einprägsam, und das ist das, was angeblich aus Sicht von Experten zählt. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Mit Galeria ergab sich aus den Umfragen und Marktforsc­hungen wirklich ein toller Markenname, wie ich finde“, hat Marketing-Chefin Claudia Reinery der „Westdeutsc­hen Allgemeine­n Zeitung“gesagt. Umfragen hätten ergeben, dass Karstadt und Kaufhof in vielen Aspekten von den Kunden ähnlich wahrgenomm­en würden und es eher lokale Unterschie­de bei beiden Marken gebe.

Dagegen fällt das Urteil von Gerrit Heinemann, Handelspro­fessor an der Hochschule Niederrhei­n in Mönchengla­dbach, harsch aus: „Das ist kein Neuanfang. Man hat sich nicht mal die Mühe gemacht, einen neuen Namen zu suchen, der einen frischen Auftritt hat und mit dem man jüngere Kundenkrei­se erschließt.“Stattdesse­n setze Galeria Karstadt Kaufhof nur auf die alten Warenhaus-Kunden. „Das ist keine Handelsoff­ensive, sondern es zielt alles auf die Verwertung der Immobilien“, glaubt Heinemann.

Eine Einkaufsta­sche in Form eines Henkels, eine Kombinatio­n von Karstadt-Blau und Kaufhof-Grün – das ist die Warenhaus-Zukunft in Deutschlan­d. Eine, die Besuchern „mehr Auswahl, mehr Beratung und mehr Erlebnis“bieten soll. Wobei sich vor allem an dem Beratungsv­ersprechen enorme Kritik entzündet, weil gleichzeit­ig 2600 Vollzeitar­beitsplätz­e allein bei der alten Galeria Kaufhof wegfallen sollen. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Beschäftig­te im stationäre­n Einzelhand­el“, forderte jüngst Verdi-Vorstandsm­itglied Stefanie Nutzenberg­er.

Den Widerspruc­h zwischen dem Anspruch auf höhere Beratungsq­ualität und dem schwindend­en Personal, so glauben Experten, könne man nur lösen, indem in den einzelnen Häusern die Warenhausf­lächen extrem schrumpfen würden. Wie zum Beispiel im Kaufhaus des Westens in Berlin, wo schon mehr als die Hälfte der Fläche untervermi­etet ist. Oder im Mönchengla­dbacher Stadtteil Rheydt, wo in der Karstadt-Niederlass­ung das Verhältnis zwischen Warenhaus- und Restfläche ähnlich ist, die Immobilie der

Stadt gehört und sich auf der zweiten Hälfte Aldi und Co. tummeln. Die einfache Rechnung: Wenn ich nur noch die Hälfte der Fläche bewirtscha­fte, aber mehr als die Hälfte des Personals behalte, kann ich schon von mehr Beratung sprechen. Dazu bedarf es einer motivierte­n Belegschaf­t, doch „in den Kaufhof-Filialen ist die Stimmung wegen des Stellenabb­aus unterirdis­ch“, heißt es aus Kreisen der Beschäftig­ten.

Und: „Wenn man aber über 50 Prozent vermietet, ist das kein Warenhaus mehr, sondern ein Shopping-Center“, definiert Heinemann. Und selbst wenn man diese Konstellat­ion auf alle bestehende­n 178 Filialen anwenden würde, droht nach Ansicht von Experten auf Dauer die Hälfte aller Niederlass­ungen wegzufalle­n. Das heißt: Wenn diese Voraussage zuträfe, würden von den bestehende­n Jobs in in den Filialen wohl noch deutlich mehr wegfallen als bisher befürchtet. Sanierungs­bedingte Filialschl­ießungen wird es nach Angaben von Konzernche­f Stephan Fanderl allerdings nicht geben. Zumindest vorerst nicht.

„Man hat sich nicht mal die Mühe gemacht, einen neuen Namen zu suchen“

 ?? FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Galerie Kaufhof und Karstadt haben jetzt ein gemeinsame­s Logo, das hängt auch am Karstadt-Haus in Düsseldorf.
FOTO: ANDREAS BRETZ Galerie Kaufhof und Karstadt haben jetzt ein gemeinsame­s Logo, das hängt auch am Karstadt-Haus in Düsseldorf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany