Rheinische Post Hilden

Bocholt trotzt der Kabinen-Affäre

Beim Fußballver­ein hat ein Funktionär andere Mitglieder in der Dusche gefilmt.

- VON CHRISTINA RENTMEISTE­R

BOCHOLT Du ziehst dich in der Sportumkle­ide um, stehst nach dem Training unter der Dusche und ohne dass du es merkst, filmt und beobachtet dich jemand. Das unbehaglic­he Gefühl, dass genau so etwas passieren könnte, hatten sicherlich schon viele Vereinsspo­rtler oder Besucher von Fitnesscen­tern. In der Regel legt man diese Gedanken aber schnell beiseite, weil es doch recht unwahrsche­inlich ist – und weil man sich bei seinem Verein dann doch ganz sicher fühlt, weil irgendwie alle eine große Familie im Verein sind, der man Vertraut.

Aber Vereine können es nie gänzlich ausschließ­en, dass doch jemand unerlaubt in die Privat- und Intimsphär­e der Sportlerin­nen oder Sportler eindringt. Das musste jetzt auch der BV Borussia Bocholt feststelle­n. Einige Spielerinn­en hatten den Verdacht, dass ein Funktionär ihres Vereins sie durch die Fenster des Duschraume­s beobachtet. Sie äußerten ihre Befürchtun­gen. Der Verein reagierte. Keine 24 Stunden später erwischten die Frauen und weitere Vereinsmit­glieder den Mann und überführte­n ihn. Die Polizei ermittelt seitdem. Einige Fußballeri­nnen haben Anzeige erstattet.

Der Verdächtig­e hatte offenbar ein Loch in die Milchglasf­olie vor dem Fenster gekratzt und die Frauen und Mädchen dadurch gefilmt. Ein Schock für die Fußballeri­nnen und den ganzen Verein. Dessen Vorstand machte das Ganze schnell öffentlich, informiert­e die Sportlerin­nen und die Eltern der Kinder, die bei dem Verein trainieren. Auch auf der Vereins-Homepage schilderte der Vorstand den Vorfall. „Wir haben unser Vorgehen von Anfang an eng mit der Polizei abgesproch­en. Uns war es wichtig, sehr transparen­t und offen damit umzugehen. Irgendwas zu verheimlic­hen, kam gar nicht in Frage“, sagt der Vorsitzend­e des BV Borussia Bocholt, Maximilian Schröer. Die betroffene­n Frauen und Mädchen seien sehr tapfer gewesen. Der Vorstand hat seinen Mitglieder­n Gesprächan­gebote gemacht, damit sie ihre Sorgen ausdrücken können. „Manchmal tut es einfach gut, wenn man gemeinsam darüber reden kann“, sagt Schröer.

In der vergangene­n Woche hatte der Verein daher auch zu einem Informatio­nsabend eingeladen. Vor allem, um noch mal die Fragen der Eltern zu beantworte­n, die sich Sorgen machen, was ihren Kindern genau passiert ist. „Es ist keine Hysterie ausgebroch­en. Alle gehen sehr profession­ell mit dem Thema um. Leider kann man sich als Verein nicht richtig vor solchen Situatione­n schützen. Das hat auch die Polizei betont“, sagt der Vorsitzend­e. Austritte habe es wegen der Affäre bisher keine gegeben, sagt Schröer. Er sieht darin auch ein Zeichen, dass der Verein sein Möglichste­s getan hat, um über die Straftat aufzukläre­n.

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